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Urteil Versicherungsgericht (SG - IV 2017/2)

Zusammenfassung des Urteils IV 2017/2: Versicherungsgericht

Zusammenfassung: Die Beschwerdeführerin leidet an einer emotional instabilen Persönlichkeitsstörung mit depressiven und ängstlichen Symptomen sowie an einer Polytoxikomanie. Es wird überprüft, ob sie aufgrund dieser Erkrankungen arbeitsunfähig ist. Es wird auch diskutiert, ob die Drogensucht der Beschwerdeführerin eine Invalidität begründen kann. Es wird festgestellt, dass die Beschwerdeführerin trotz ihrer Gesundheitsprobleme möglicherweise in der Lage ist, einer angepassten Arbeit nachzugehen. Es wird überprüft, ob die Beschwerdeführerin Anspruch auf eine Invalidenrente hat, und es wird entschieden, ihr ab dem 1. Mai 2014 eine ganze Invalidenrente zuzusprechen.

Urteilsdetails des Verwaltungsgerichts IV 2017/2

Kanton:SG
Fallnummer:IV 2017/2
Instanz:Versicherungsgericht
Abteilung:IV - Invalidenversicherung
Versicherungsgericht Entscheid IV 2017/2 vom 15.11.2019 (SG)
Datum:15.11.2019
Rechtskraft:
Leitsatz/Stichwort:Entscheid Art. 28, 29 und 48 Abs. 2 IVG in der Fassung bis 2007; altrechtlicher Rentenbeginn bei Anmeldung im Jahr 2007. Einbezug einer Suchtmittelabhängigkeit in die Arbeitsfähigkeitsbeurteilung. Würdigung medizinischer Berichte, darunter zweier Gutachten (Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons St. Gallen vom 15. November 2019, IV 2017/2). Beim Bundesgericht angefochten.
Schlagwörter: IV-act; Arbeit; Klinik; Arbeitsfähigkeit; Persönlichkeit; Persönlichkeitsstörung; Gutachten; Begutachtung; Gallen; Sucht; Arbeitsunfähigkeit; Kantons; Störung; Beurteilung; Spital; Gesundheit; Abteilung; Kantonsspital; Rente; Verfügung; Bericht; Recht; Behandlung; Beeinträchtigung
Rechtsnorm: Art. 21 ATSG ;Art. 24 ATSG ;Art. 29 ATSG ;Art. 43 ATSG ;Art. 6 ATSG ;Art. 7 ATSG ;Art. 8 ATSG ;
Referenz BGE:130 V 352; 141 V 281; 143 V 418; 145 V 215; 99 V 28;
Kommentar:
-

Entscheid des Verwaltungsgerichts IV 2017/2

Entscheid vom 15. November 2019

Besetzung

Versicherungsrichterinnen Karin Huber-Studerus (Vorsitz) und Monika Gehrer-Hug und Versicherungsrichter Ralph Jöhl; Gerichtsschreiberin Fides Hautle

Geschäftsnr. IV 2017/2

Parteien

A. ,

Beschwerdeführerin,

vertreten durch Soziale Dienste St. Gallen, Brühlgasse 1, 9004 St. Gallen,

gegen

IV-Stelle des Kantons St. Gallen, Postfach 368, 9016 St. Gallen,

Beschwerdegegnerin,

Gegenstand Rente (Beginn) Sachverhalt

A.

    1. A. meldete sich am 13. November/ 10. Dezember 2007 zum Bezug von Leistungen der Invalidenversicherung an und beantragte die Ausrichtung einer Rente. Sie habe keinen Beruf erlernt, sei Mutter von Kindern und sei seit 1999 keiner geregelten Arbeit mehr nachgegangen. Sie sei dazu psychisch und körperlich nicht in der Lage. Der Gesundheitsschaden bestehe seit Ende der Schulzeit, sehr ausgeprägt seit 1999 (IV-act. 1). Die Abteilung Infektiologie/Spitalhygiene des Departements Innere Medizin am Kantonsspital St. Gallen (Dr. med. B. , Allgemeine Innere Medizin und Infektiologie FMH) nannte im Arztbericht vom 9. Januar 2008 (IV-act. 8) insbesondere die Diagnosen einer emotional instabilen Persönlichkeitsstörung mit depressiver und ängstlicher Symptomatik, einer Polytoxikomanie, eines 3/6 systolischen Herzgeräuschs über Erb (DD: Endokarditis) und einer chronischen Hepatitis C. Ohne Auswirkung auf die Arbeitsfähigkeit sei unter anderem ein St. n. Phlegmone am linken Fuss mit wahrscheinlich septischer Streuung 04/06 (passagere sensomotorische Hemiparese links). Die Versicherte sei nicht mehr arbeitsfähig; sie sei bereits zu Beginn der Behandlung am 14. November 2005 arbeitsunfähig gewesen. Eine Arbeitstätigkeit sei aufgrund der psychischen Verfassung und der Angstsymptome nicht möglich. - Der Regionale Ärztliche Dienst (RAD) der Invalidenversicherung empfahl am 11. April 2008, Zusatzfragen zur psychiatrischen Störung zu stellen (IV-act. 19). - Die Abteilung Psychosomatik des Departements Innere Medizin am Kantonsspital St. Gallen

      (Dr. med. C. , Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie FMH) reichte mit Arztbericht vom 21. April 2008 (IV-act. 20) einen Bericht an die Abteilung Infektiologie/ Spitalhygiene vom 24. August 2006 (IV-act. 20-4 f.) ein. Danach bestünden bei der Versicherten eine emotional instabile Persönlichkeitsstörung mit depressiver und ängstlicher Symptomatik, eine Polytoxikomanie und eine chronische Hepatits C. Die

      Versicherte habe berichtet, sie habe Angst vor Ärzten und vor der Auseinandersetzung mit sich; wegen Depressionen und Suizidgedanken nehme sie (wieder) Surmontil. Sie habe viele Probleme. Die älteren Kinder lebten in einer Pflegefamilie - man versuche, ihr die Obhut zu entziehen -, die jüngeren in einer anderen Familie. Der berichtende Arzt hielt fest, die Versicherte habe vom Sich-Ausreissen der Haare mit einer Pinzette einen fast kahlen Kopf. - Am 22. und 23. Juli 2008 (IV-act. 30) teilte Dr. B. mit, das Hauptproblem der Versicherten sei das psychiatrische Grundleiden mit den ausgeprägten Angstzuständen. Er diagnostizierte die erwähnte Persönlichkeitsstörung mit zudem Klaustrophobie und sozial phobischen Zügen. Die Angststörung sei als Primärleiden zu betrachten. Auch nach Ausblendung der Suchtanteile sei die Versicherte zu 100 % arbeitsunfähig.

    2. Mit Verfügung vom 19. August 2008 teilte die Sozialversicherungsanstalt/IV-Stelle des Kantons St. Gallen der Versicherten mit, die Frage, ob die Arbeitsunfähigkeit vor allem durch das Abhängigkeitsverhalten begründet sei ob eine Invalidität vorliege, könne erst nach einer mindestens sechsmonatigen, ärztlich überwachten Drogen- und Alkoholabstinenz beantwortet werden. Sie ordnete unter Hinweis auf Art. 21 Abs. 4 ATSG und den Inhalt von Art. 43 Abs. 3 ATSG an, die Versicherte habe eine solche Abstinenz (in bezeichneter Art) nachzuweisen (IV-act. 33). - Daraufhin wies die Abteilung Infektiologie/Spitalhygiene ([...] Dr. med. D. , Infektiologie und Allgemeine Innere Medizin FMH) mit Schreiben vom 26. August 2008 (IV-act. 35) darauf hin, dass sie (die Abteilung, Dr. B. ) klar festgehalten habe, dass sich bei der Versicherten seit dem Kleinkindesalter eine schwere Persönlichkeitsstörung entwickelt habe. Diese sei nach Auffassung des Psychiaters Dr. C. so offensichtlich, dass es, um eine Arbeitsunfähigkeit auf psychiatrischer Grundlage zu begründen, keiner weiteren psychiatrischen Abklärung bedürfe. - Das Psychiatrie-Zentrum E. reichte am

      26. August 2008 (IV-act. 34) Zusammenfassungen der Krankengeschichte ein. Nach einem ersten Bericht hatte während einer Hospitalisation vom 4. April bis 16. Mai 1995 dort ein erster stationärer Entzug von Methadon, Heroin und Kokain stattgefunden. Es waren eine Methadonsubstitution, Heroin- und Kokainabhängigkeit und Hepatits C angegeben worden. Die Versicherte sei seit 1992 fürsorgeabhängig. Bei dem angewendeten vorsichtigen Vorgehen hätten sich kaum Entzugssymptome gezeigt, am stärksten habe unter anderem eine psychogene Verunsicherung durch das Absetzen

      des Methadons imponiert. Die Versicherte sei anschliessend in eine

      Langzeiteinrichtung übergetreten (vgl. IV-act. 34-5 f.). In einem Bericht vom

      19. September 1997 über eine zweite Hospitalisation vom 26. August bis 9. September 1997 (IV-act. 34-2) war angegeben worden, nach einer 19-monatigen Therapie in jener Langzeiteinrichtung [anschliessend an Spitalaufenthalt ab 4. April 1995 bis 16. Mai 1995, also von 16. Mai 1995 bis Dezember 1996] habe die Versicherte vor neun Monaten [demnach wohl im Dezember 1996] in eine andere Institution gewechselt und sei dort vor zwei Monaten [also wohl im Juli 1997] rückfällig geworden. Am

      9. September 1997 sei sie wieder in die Institution übergetreten. Am 28. Mai 1999 war die Versicherte gemäss einem dritten Bericht (bis 9. Juni 1999) freiwillig erneut zur körperlichen Entgiftung (vor der erwarteten Niederkunft [schliesslich zwei Tage nach Austritt erfolgt]) eingetreten. Der Psychostatus sei unauffällig gewesen und es habe keine Suizidalität bestanden. Eine Hepatitis sei nicht bekannt (IV-act. 34-3 [bekannt aber bereits beim Aufenthalt 1995, IV-act. 34-5]). Die Versicherte habe nach dem letzten Klinikaustritt [im September 1997] in einer Wohngemeinschaft gelebt und bis Januar 1999 in einer mobilen Werkstatt auf dem Bau [Arbeitsprojekt, vgl. IV-act. 30-1] gearbeitet. Nach dem Klinikaustritt [im September 1997] sei sie drei Monate lang drogenfrei geblieben und habe danach wieder konsumiert. Ab Februar/März 1999 habe wieder ein sechs Wochen langer Drogenentzug in einer Institution stattgefunden (IV- act. 34-3).

    3. Auf Beschwerde (IV-act. 38) hin widerrief die Sozialversicherungsanstalt/IV-Stelle die Anordnung vom 19. August 2008 am 22. Oktober 2008 (IV-act. 48), worauf die Beschwerde abgeschrieben wurde (IV-act. 51).

    4. Am 9. Dezember 2008 (IV-act. 54) versandte die Sozialversicherungsanstalt/IV- Stelle ein inhaltlich mit der Verfügung vom 19. August 2008 identisches Schreiben betreffend Schadenminderungs- und Mitwirkungspflicht, allerdings ohne Rechtsmittelbelehrung. Auch hiergegen wurde Beschwerde (IV-act. 55) erhoben, auf welche aber, da es sich beim Anfechtungsgegenstand zwar um eine Zwischenverfügung, aber um eine mangels nicht wieder gutzumachenden Nachteils nicht selbständig anfechtbare Verfügung handle, mit Entscheid vom 13. Mai 2009 (IV- act. 66; IV 2009/20) nicht eingetreten wurde. Das hiesige Gericht merkte an, die angeordnete Auflage erscheine nicht zielführend. Es deute vieles darauf hin, dass ein

      psychisch-geistiger Gesundheitsschaden mit Krankheitswert vorliege. Sollten überhaupt weitere Abklärungen notwendig erscheinen, sei eine psychiatrische Begutachtung zu veranlassen.

    5. Der RAD befürwortete daraufhin am 9. Juni 2009 eine Begutachtung durch die Psychiatrischen Dienste F. (IV-act. 68). Nachdem die Versicherte dem Aufgebot nicht gefolgt war, mahnte die Sozialversicherungsanstalt/IV-Stelle sie am 15. August 2009 zur Mitwirkung (IV-act. 73). Am Tag vor dem nächsten vorgesehenen Begutachtungstermin (28. September 2009) teilte die Abteilung Infektiologie/ Spitalhygiene am Kantonsspital St. Gallen dem Begutachtungsinstitut mit, die Versicherte sei für einen Alkoholentzug im Spital (aus IV-act. 76). - Mit Schreiben vom

      3. November 2009 (IV-act. 80) reichte die Abteilung Infektiologie/Spitalhygiene am Kantonsspital St. Gallen unter anderem einen Bericht an das Sozialamt vom

      1. September 2008 (IV-act. 80-10) ein, worin festgehalten worden war, die an die Versicherte gestellten Forderungen seien unsinnig. Trotz intensiver Unterstützung seit bald drei Jahren mit methadongestützter Behandlung sei es ihr nie gelungen, den Nebenkonsum von Kokain und Cannabis zu sistieren. Das Hauptproblem liege in der psychiatrischen Grunderkrankung. - Am 19. August 2009 war eine Überweisung der Versicherten in die Psychiatrische Klinik G. erfolgt, da sie nun in einer so starken Verzweiflungssituation sei, dass sie dazu erstmals eingewilligt habe. An eine Behandlung der chronischen Hepatitis C sei leider nie zu denken gewesen. Im Vordergrund stünden die ausgeprägten psychischen Probleme mit chronischer Schlafstörung und Angstzuständen (IV-act. 80-4 f.). In einem Bericht vom

      16. September 2009 (IV-act. 80-2 f.) war bekannt gegeben worden, dass die Versicherte in die Klinik nicht eingetreten sei. Die Situation habe sich nochmals verschlechtert. Es hätten sich Hinweise auf eine schwere Hepatopathie gezeigt (IV- act. 80-3).

    6. Im Gutachten der Psychiatrischen Dienste F. , Klinik H. (Dr. med. I. , Psychiatrie und Psychotherapie FMH), vom 7. April 2010 (IV-act. 86; Begutachtung im Januar 2010) wurden als Diagnosen mit Auswirkung auf die Arbeitsfähigkeit (erstens) der Verdacht auf ein amnestisches Syndrom (Verdachtsdiagnose Januar 2010) und (zweitens) eine emotional instabile Persönlichkeitsstörung vom Borderline-Typ, bestehend seit Jugend, angegeben. Ohne Auswirkung auf die Arbeitsfähigkeit sei eine

      Störung durch multiplen Substanzgebrauch, Abhängigkeitssyndrom, bestehend seit dem 14. Altersjahr. Im Vordergrund der Beeinträchtigungen der Arbeitsfähigkeit auf der psychisch-geistigen Ebene stehe das Suchtproblem, das der Versicherten Schwierigkeiten verursache, sich an Regeln anzupassen, ihre Kompetenzen adäquat einzusetzen und den Anforderungen der Gesellschaft adäquat nachzukommen. Diese Einschränkungen seien durch eine ihr zumutbare Abstinenz bzw. kontrollierte Abgabe (von Methadon) überwindbar. Aufgrund der Persönlichkeitsstörung seien der Versicherten nur Arbeiten zumutbar, die keine hohen Anforderungen an Flexibilität und Umstellungsfähigkeit (keine unerwarteten Wechsel von Aufgaben, Terminen Mitarbeitern) und an die Entscheidungsfähigkeit stellten. Nicht in Frage kämen ausserdem Tätigkeiten mit Kundenkontakt und mit der Notwendigkeit enger Teamarbeit. Aufgrund der Persönlichkeitsstörung ergebe sich aber keine verminderte Leistungsfähigkeit; eine Arbeit sei an acht Stunden pro Tag zumutbar. Die Einschätzung der aufgrund des allenfalls zusätzlich vorhandenen amnestischen Syndroms bestehenden Arbeitsunfähigkeit sei wegen des Suchtmittelkonsums nicht möglich. Die testpsychologischen Einschränkungen könnten durch den Kokainentzug durch die Motivation bedingt sein und seien bei Abstinenz potenziell reversibel. Deshalb sei ein MRI zu machen mit der Frage, ob dieses mit einem amnestischen Syndrom (Hinweise unter anderem auch durch im Somatostatus gefundene Störungen der Okulomotorik) vereinbare Befunde zeige (z.B. Demyelinisierung, Gliose in den typischen Bereichen Talamus, Pons, Cerebellum). Wegen der allfälligen partiellen Reversibilität sei so anders die testpsychologische Untersuchung nach einem Kokainentzug und sechs monatiger Aufrechterhaltung der Abstinenz (auch bezüglich Heroin, Alkohol und THC) zu wiederholen, um das Mass der irreversiblen Einschränkung zu erheben. Würden sich die kognitiven Defizite bestätigen und sollten sie persistieren, wären nur klar angeleitete, einfache, klar strukturierte Tätigkeiten mit einem deutlich reduzierten Arbeitstempo möglich. Der Suchtmittelkonsum sei möglicherweise auf dem Boden der Persönlichkeitsstörung entstanden. Sicher könne das (Konsum sekundär) nicht festgelegt werden, weil die Versicherte in einem Alter damit begonnen habe, da die Persönlichkeitsstörung noch nicht habe diagnostiziert werden können. Eine Suchtbehandlung führe aber beinahe sicher zu einer Verbesserung der Arbeitsfähigkeit. Das tiefe soziale und berufliche Funktionsniveau der

      Versicherten sei durch den Suchtmittelkonsum und nicht durch die Persönlichkeitsstörung bedingt.

    7. Nach Empfehlung des RAD (IV-act. 87) forderte die Sozialversicherungsanstalt/IV- Stelle die Versicherte mit Schreiben vom 18. Mai 2010 (IV-act. 88) unter Androhung der Säumnisfolgen nach Art. 21 Abs. 4 und Art. 43 Abs. 3 ATSG auf, sich während mindestens sechs Monaten monatlichen Urinuntersuchungen zu unterziehen, und mitzuteilen, bei welchem Arzt sie die ihr zumutbare Abstinenzkontrolle vornehmen lassen wolle (IV-act. 84). Am 9. August 2010 (IV-act. 94) teilte die Abteilung Infektiologie/Spitalhygiene am Kantonsspital St. Gallen unter Beilage eines ersten Untersuchungsberichts mit, die Versicherte werde alle 14 Tage direkt vom Institut für Rechtsmedizin am Kantonsspital St. Gallen zu den Kontrollen aufgeboten werden. Am

      19. August 2010 (IV-act. 95) erkundigte sie (die Abteilung Infektiologie/Spitalhygiene) sich, ob eine Weiterführung der Urinproben sinnvoll sei, da die Versicherte die Kontrollen zwar regelmässig durchführen lasse, jedoch nicht abstinent sei. Die Sozialversicherungsanstalt/IV-Stelle mahnte die Versicherte daraufhin am 26. August 2010 (IV-act. 96) erneut, die Drogenabstinenz einzuhalten. Andernfalls müsse sie mit einer Abweisung des Leistungsgesuchs rechnen.

    8. Das Institut für Rechtsmedizin gab an, zu den Kontrollen vom 19. August 2010 und vom 16. und 21. September 2010 sei die Versicherte nicht erschienen (vgl. IV-act. 97, 99-4 f.). - Am Institut für Klinische Chemie und Hämatologie am Kantonsspital

      St. Gallen sind gemäss Laborblättern am 19. August und am 21. September 2010 gewisse Proben eingegangen und Daten erhoben worden (IV-act. 99-1 ff.).

    9. Mit Verfügung vom 13. Oktober 2010 (IV-act. 100) hielt die Sozialversicherungsanstalt/IV-Stelle fest, sie trete auf das Leistungsgesuch der Versicherten nicht ein. Sie sei der Anordnung, eine sechs Monate dauernde Drogenabstinenz einzuhalten, nicht nachgekommen. Die Erhebungen würden eingestellt. - Am 11. November 2010 (IV-act. 101) wurde gegen die Verfügung Beschwerde erhoben.

    10. Gemäss einem Bericht der Abteilung Rheumatologie/Rehabilitation des

      Departements Innere Medizin am Kantonsspital St. Gallen vom 26. April 2011 (IV-

      act. 126-22 ff.) war die Versicherte vom 22. März 2011 bis 19. April 2011 hospitalisiert gewesen. Es lägen eine akute aethyltoxische Hepatitis (mit Encephalopathie bei Flappingtremor), eine seborrhoische Prustulose am Hals und eine seborrhoische Dermatitis, eine chronische Hepatitis C, eine Wandverdickung der Gallenblase (mit Cholezystolithiasis), eine langjährige Polytoxikomanie und eine emotional instabile Persönlichkeitsstruktur mit depressiver und ängstlicher Symptomatik, Klaustrophobie und sozial phobischen Zügen vor. Anschliessend wurde die Versicherte in die Psychiatrische Klinik G. verlegt. - Im Austrittsbericht dieser Psychiatrischen Klinik vom 22. September 2011 (IV-act. 126-1 ff.) wurde erklärt, die Versicherte sei vom

      19. April 2011 bis 16. September 2011 hospitalisiert gewesen. Es lägen Störungen durch multiplen Substanzgebrauch und Konsum anderer psychotroper Substanzen: Abhängigkeitssyndrom (gegenwärtig Teilnahme an einem ärztlich überwachten Ersatzdrogenprogramm), eine schwere depressive Episode mit psychotischen Symptomen und der V.a. eine rezidivierende depressive Störung vor. Somatisch betrachtet bestünden eine chronische Hepatitis C, eine Migräne ohne Aura [vgl. IV- act. 126-20], eine tertiäre Nebennierenrinden-Insuffizienz [vgl. IV-act. 126-15], ein alter knöcherner Bandausriss am Malleolus medialis rechts mit V.a. eine osteochondrale Läsion Talus rechts [vgl. IV-act. 126-13] und ein St. n. akuter aethyltoxischer Hepatitis 03/2011. Nach Ausschleichen der Prednison-Medikation sei ein M. Addison aufgetreten, weshalb die Versicherte ins Spital J. verlegt worden sei [vgl. dazu IV- act. 126-15 ff.]. Ausserdem sei wegen der rezidivierend aufgetretenen Kopfschmerzen ein neurologisches Konsil durchgeführt worden. Während des Aufenthalts sei wegen der Invalidenversicherung zweimal monatlich ein Drogenscreening durchgeführt worden. Die Depression sei bis zur Entlassung nicht abgeklungen; sie sei möglicherweise durch die Cortison-Behandlung und die somatischen Erkrankungen mitverursacht.

    11. Am 27./29. Dezember 2011 (IV-act. 118) reichte die Versicherte ein neues

      Anmeldeformular ein.

    12. In einem Bericht über das Begleitete Wohnen vom 3. Februar 2012 (IV-act. 128) wurde festgehalten, seit einem Zwischenbericht vom 8. Dezember 2011 habe sich der besorgniserregende Zustand beider Beine der Versicherten weiter verschlechtert. Sie könne sich nur über kurze Distanzen fortbewegen und nur noch mit Unterstützung

      Treppen steigen. Die enormen Schmerzen - über Tag und Nacht - und die dadurch ausgelösten Ängste hätten Auswirkungen auf die ganze Lebenssituation. Die Versicherte sei körperlich und psychisch an die Grenzen gekommen. Es bestünden eine Entzündung in den Fussknochen und Symptome der Nebennierenrinden- Unterfunktion. Auf Erhöhung von Cortison, Neuroleptikum und Methadon sowie massive Anpassung der Schmerzmedikation hin sei die Situation etwas erträglicher geworden. - Aufgrund der verordneten Morphintropfen war der Befund einer Urinkontrolle vom 21. Februar 2012 diesbezüglich positiv (vgl. IV-act. 130, 132-1).

    13. Dr. med. K. , Innere Medizin FMH, teilte dem RAD am 27. März 2012 (IV- act. 132, 137) mit, die Versicherte sei seit dem 29. Februar 2012 auf der Klinik für Orthopädische Chirurgie und Traumatologie des Bewegungsapparates am Kantonsspital St. Gallen hospitalisiert und dort bereits viermal operiert worden.

    14. Am 2. April 2012 (IV-act. 134) informierte die Sozialversicherungsanstalt/IV-Stelle die Rechtsvertretung der Versicherten darüber, dass sie auf die Neuanmeldung eintrete, da diese die Abstinenzauflagen erfüllt habe. Der RAD hielt am 13. April 2012 (IV-act. 139) fest, es seien von Mai bis September 2011 und von Januar 2012 insgesamt neun drogenfreie Urinproben eingereicht worden. Zuletzt sei eine Probe

      positiv gewesen, weil Dr. K. Morphintropfen verordnet habe. - Am 18. April 2012 (IV- act. 142) teilte die Sozialversicherungsanstalt/IV-Stelle der Rechtsvertretung der Versicherten mit, zurzeit seien wegen des Gesundheitszustands keine beruflichen Eingliederungsmassnahmen möglich; medizinische Behandlungsmassnahmen stünden zurzeit im Vordergrund. Es werde durch Einleitung weiterer Abklärungen ein Anspruch auf eine Rentenleistung geprüft; dieser könne erst nach einem Jahr Wartezeit bzw. frühestens sechs Monate nach Eingang der (sc. neuen) Anmeldung entstehen.

    15. Im Austrittsbericht der Klinik für Orthopädische Chirurgie und Traumatologie des Bewegungsapparates am Kantonsspital St. Gallen vom 11. April 2012 (IV-act. 146) über den Aufenthalt vom 29. Februar 2012 bis 5. April 2012 war festgehalten worden, es bestehe eine septische Gonarthritis rechts. Nach drei Arthroskopien sei die Versicherte in gutem Allgemeinzustand entlassen worden. - In einem IV-Arztbericht vom 7. August 2012 (IV-act. 169) berichtete die genannte Klinik, die Versicherte sei am

      1. Mai 2012 wegen Verdachts auf Re-Infekt wieder eingetreten und es seien

      gleichentags eine Arthrotomie, ein Débridement und eine Kniegelenksspülung gemacht worden. Am 21. Juni 2012 sei sie nach intravenöser Antibiotika-Therapie auf die internistische Klinik überwiesen worden.

    16. Das Schmerzzentrum am Kantonsspital (Dr. med. L. ) berichtete am

      24. September 2012 (IV-act. 206-8 ff.), die Versicherte leide unter anderem an einem chronifizierten Schmerzsyndrom Gerbershagen II. Als psychiatrische Komorbidität wurde die Persönlichkeitsstörung vom Borderline-Typ genannt. Seit zehn Tagen lägen die Schmerzen der Versicherten beim Maximum. Wegen der Fussschmerzen habe man die Methadon-Dosis von initial 70 auf 130 mg/Tag erhöht, ohne dass die Schmerzen wesentlich gebessert hätten. Die Versicherte habe auch schon Voltaren, Tramal und Morphin-Tropfen genommen; letztere habe man ihr im Spital weggenommen. Es bestehe eine bereits ausgebaute analgetische Therapie mit zusätzlich einem Antiepileptikum (Lyrica), einem Stufe I Analgetikum (Novalgin), einem Co-Analgetikum aus der Reihe der Antidepressiva (Sertralin) und einer Zweierkombination Neuroleptika.

      - In einem Bericht der Klinik für Orthopädische Chirurgie und Traumatologie des Bewegungsapparates am Kantonsspital St. Gallen vom 11. Oktober 2012 (IV- act. 188-16 ff.) wurden (unter anderem) persistierende OSG-Schmerzen, aktuell linksbetont, mit mässiggradiger Arthrose OSG links und Status nach aseptischen Knochennekrosen OSG und Fusswurzel beidseits diagnostiziert. - Im Bericht der Abteilung Allgemeine Innere Medizin/Hausarztmedizin des Departements Innere

      Medizin am Kantonsspital St. Gallen vom 19. Juli 2012 (IV-act. 189-2 ff.) wurden als Diagnosen unter anderem eine septische Arthritis Knie rechts und eine rezidivierende Sepsis/Bakteriämie bei i.v. Drogenkonsum angegeben. Die Versicherte sei nach der Verlegung von der Orthopädischen Chirurgie am 21. Juni 2012 bis zum 12. Juli 2012 hospitalisiert geblieben (vgl. IV-act. 189-2 ff.).

    17. Mit Entscheid vom 22. Oktober 2012 (IV-act. 177; IV 2010/443) hob das Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen in Gutheissung der Beschwerde (soweit darauf eingetreten wurde) die (Sanktions-) Verfügung der Sozialversicherungsanstalt/ IV-Stelle vom 13. Oktober 2010 ersatzlos auf. Ein Kausalzusammenhang zwischen Sucht und psychiatrischem Leiden sei ausreichend [d.h. überwiegend] wahrscheinlich, so dass Erstere bei der Bestimmung der Arbeitsfähigkeit nicht ausgegrenzt werden dürfe. Das Einfordern eines Abstinenznachweises im Abklärungsverfahren im Hinblick

      auf die Prüfung der materiellen Leistungsansprüche (ausserhalb der eigentlichen Schadenminderungspflicht) könne daher nicht gebilligt werden, wie bereits im Entscheid vom 13. Mai 2009 festgehalten worden sei. Die "Neuanmeldung" sei als Änderungsmeldung zu betrachten.

    18. Es waren von Januar 2012 bis Dezember 2012 immer wieder Labor-Kontrollen

      eingereicht worden (vgl. IV-act. 123, 124, 126-6 ff., 130, 126-29, 150, 151, 156, 163,

      165, 168,173, 178; später übrigens auch IV-act. 201, Januar 2013; 207, Februar 2013;

      225, April 2013; 230, August 2013). - Am 18. Dezember 2012 (IV-act. 180) erklärte der

      RAD, die Versicherte sei nicht dauerhaft drogenfrei.

    19. Dr. med. M. , Facharzt für Allgemeinmedizin, gab in einem Arztbericht vom

      5. Februar 2013 (IV-act. 206) unter anderem an, 2011 habe ein Suizidversuch stattgefunden. Bei der multimorbiden Versicherten habe sich seit dem Wechsel zu ihm im Sommer 2012 eine Progredienz der Fussschmerzen und der Hepatitis gezeigt, aufgrund der Schmerzen auch eine Verschlechterung des Schlafverhaltens. Sie leide zudem an Halluzinationen. Selbst das Liegen sei nicht gut möglich, da sie die Beine nicht mehr abgewinkelt anstellen könne, sondern diese wegen der Schwäche zur Seite kippten. Es bestünden auch Gefühlsstörungen.

    20. Am 15. Januar 2013 (IV-act. 186) wurde für die Versicherte um Hilfsmittel wie Spezialschuhe und Rollstühle ersucht. - Die Sozialversicherungsanstalt/IV-Stelle gab ihr leihweise einen Rollstuhl und einen Elektrorollstuhl ab und leistete Kostengutsprache für orthopädische Spezialschuhe (Mitteilungen vom 25. April 2013, IV-act. 222 ff.).

    21. In einem Austrittsbericht vom 4. Februar 2013 (IV-act. 206-13 ff.) über einen Aufenthalt der Versicherten vom 1. bis 4. Februar 2013 gab das Spital J. an, die Versicherte leide unter anderem an einer Spiralfraktur der distalen Tibiadiaphyse links ohne Dislokation und einem Infekt unklaren Ursprungs. - In einem Kurzaustrittsbericht vom 1. März 2013 (IV-act. 229-75 ff.) über eine Hospitalisation der Versicherten vom

      20. Februar bis 1. März 2013 gab das Palliativzentrum N. des Departements Interdisziplinäre medizinische Dienste am Kantonsspital St. Gallen unter anderem an, es sei im Februar 2013 nach der Tibiafraktur eine subsegmentale subakute Lungenembolie im rechten Unterlappen eingetreten. Als Risikofaktoren nannte es unter

      anderem eine Borderline-Persönlichkeitsstörung. - Am 28. Februar 2013 (IV-act. 216)

      war über das Kollektive Wohnen ein Zwischenbericht erstattet worden.

    22. Im Gutachten vom 3. Juli 2013 (IV-act. 229-2 bis 40) gab das Ärztliche Begutachtungsinstitut (ABI) nach der Begutachtung vom Mai 2013 bekannt, als (Haupt-) Diagnosen bestünden (verkürzt wiedergegeben, erstens) invalidisierende Fussbeschwerden unter linksseitiger Betonung, (zweitens) chronische Kniebeschwerden rechts und (drittens) eine leichte bis mittelschwere neuropsychologische Störung. Ohne Einfluss auf die Arbeitsfähigkeit seien eine emotional instabile Persönlichkeitsstörung vom Borderline-Typ, eine Störung durch

      multiplen Substanzkonsum, eine subsegmentale subakute Lungenembolie, Adipositas, ein chronischer Nikotinabusus, eine chronische Hepatopathie, anamestisch eine asymptomatische Cholezystolithiasis und eine konstitutionell erheblich vermehrte Bandlaxizität. Für körperlich mittelschwere und schwere und für im Stehen und im Gehen zu verrichtende Tätigkeiten sei die Versicherte nicht arbeitsfähig. Für körperlich leichte, adaptierte ausschliesslich im Sitzen zu verrichtende Tätigkeiten hingegen bestehe eine Arbeits- und Leistungsfähigkeit von 70 %, vollschichtig realisierbar, mit erhöhtem Pausenbedarf bis zehn Minuten pro Stunde und reduziertem Rendement.

    23. Am 17. September 2013 (IV-act. 234) ersuchte Dr. M. für die Versicherte um Abgabe eines Rollators. Die Sozialversicherungsanstalt/IV-Stelle lehnte das am 21. November 2013 ab. Es könnten keine Doppelversorgungen erfolgen (IV-act. 246).

    24. Am 9. Dezember 2013 (IV-act. 249) stellte die Sozialversicherungsanstalt/IV-Stelle der Rechtsvertretung der Versicherten eine Abweisung deren Rentenanspruchs in Aussicht. Der Invaliditätsgrad betrage 30 % (Valideneinkommen Fr. 53'255.--, Invalideneinkommen Fr. 37'279.--).

    25. Mit dem Einwand vom 23. Januar 2014 (IV-act. 252) liess die Versicherte unter anderem vorbringen, Dr. M. habe im Herbst 2013 bei ihr eine Streifung festgestellt, nach welcher sie beim Sprechen Mühe und in der rechten Körperhälfte kaum mehr Gefühl gehabt habe. Sie könne den Elektrorollstuhl nicht mehr so gut bedienen.

    26. Der RAD hielt am 10. April 2014 (IV-act. 253) unter anderem fest, die Behauptung, dass neuropsychologisch eine 30 % übersteigende Einschränkung vorliege, entbehre

jeder Grundlage, denn die Versicherte nehme täglich Methadon und Dormicum ein und habe bei der neuropsychologischen Untersuchung unter dem Einfluss dieser Medikamente gestanden. Abgesehen davon, dass die Darlegungen zur angeblichen Streifung nicht durch medizinische Berichte belegt seien, lasse sich daraus zudem auch keine zusätzliche, dauerhafte objektivierbare, für die Arbeitsfähigkeit relevante Verschlechterung ableiten.

A.aa. Mit Schreiben vom 25. August 2014 (IV-act. 258) wurde ein Arztbericht von

Dr. M. vom 7. August 2014 (IV-act. 258-3) eingereicht. Darin hatte der Arzt bekannt gegeben, dass sich der Gesundheitszustand der Versicherten in den vergangenen zwölf Monaten [demnach seit August 2013] deutlich verschlechtert habe. Im Mai 2014 sei ein septischer Schock eingetreten.

A.ab. Die Klinik für Intensivmedizin des Departements Innere Medizin am Kantonsspital St. Gallen hatte im Austrittsbericht vom 10. Mai 2014 (IV-act. 264) über die Hospitalisation vom 6. bis 10. Mai 2014 unter anderem angegeben, die Versicherte sei im Wohnheim mit unklarer Bewusstseinsstörung und in Meläna liegend vorgefunden worden. Ein CT Neurocranium vom 6. Mai 2014 habe unspezifische Glioseherde im links periventrikulären Marklager (DD mikroangiopathisch) und keine frische Blutung Ischämie gezeigt. Es war ein septischer Schock (nebst zahlreichen weiteren Leiden) diagnostiziert worden. - Das Spital J. berichtete am 1. September 2014 (IV- act. 270; vgl. auch Bericht vom 13. Juni 2014, IV-act. 265) die Versicherte sei vom

10. Mai bis 12. Juni 2014 hospitalisiert gewesen. Es liege unter anderem ein septischer Schock bei CMV-Colitis mit Immunschwäche i.R. der sekundären Nebennierenrinden- Insuffizienz vor, ausserdem eine Pneumonie Oberlappen rechts und eine chronische Niereninsuffizienz KDIGO G2. Zwischenzeitlich habe sie am 14. Mai 2014 wegen einer plötzlichen Verschlechterung erneut auf die IMC [Überwachungsstation] verlegt werden müssen. - Vom 24. bis 27. Juni 2014 war die Versicherte gemäss Austrittsbericht vom

30. Juli 2014 erneut hospitalisiert gewesen (IV-act. 268), ebenso gemäss Austrittsbericht vom 2. September 2014 (IV-act. 278) nochmals vom 3. bis 14. Juli 2014. Nach Letzterem hatte die Versicherte erneut eingewiesen werden müssen. Es wurden (nebst einem "rollstuhlpflichtigen" chronischen Schmerzsyndrom Gerbershagen II) unter anderem eine Infarktpneumonie, multiple, teils zentrale Lungenembolien und ein St. n. Thrombose V. femoralis bds. diagnostiziert. Auf der

Überwachungsstation trat eine weitere deutliche Verschlechterung der kardiopulmonalen Situation ein und es zeigten sich bei Abklärungen zentrale Lungenembolien beidseits und dadurch eine massive Rechtsherzbelastung bei Hypertrophie des rechten Ventrikels sowie eine pathologische Septumbeweglichkeit.

A.ac. Dr. M. berichtete dem (aufgrund eines Wohnortswechsels) neu betreuenden Hausarzt der Versicherten am 23. September 2014 (IV-act. 283), er habe auf deren Drängen beim Kantonsarzt um eine Erhöhung der Methadonsubstitution um 10 mg am Morgen und zur Nacht ersucht.

A.ad. Der RAD hielt am 27. April 2015 (IV-act. 284) fest, seit dem 6. Mai 2014 sei eine massive Verschlechterung des Gesundheitszustands ausgewiesen und es bestehe eine volle Arbeitsunfähigkeit. Es sei ein Bericht des neu zuständigen Hausarztes einzuholen.

- Dr. med. O. , Facharzt FMH für Allgemeine Medizin, gab am 13. Mai 2015 (IV-

act. 285) an, die Versicherte habe sich in den letzten Monaten physisch und psychisch auf tiefem Niveau stabilisieren können. Sie könne nur kurzzeitig und unter verstärkten Schmerzen stehen. Eine produktive Arbeitsleistung und eine berufliche Eingliederung seien ausgeschlossen.

A.ae. Mit Vorbescheid vom 10. März 2016 (IV-act. 288) stellte die Sozialversicherungsanstalt/IV-Stelle der Versicherten die Zusprache einer ganzen Rente ab 1. Mai 2014 in Aussicht. Seit Januar 2010 sei sie in der Arbeitsfähigkeit erheblich eingeschränkt; damals habe die einjährige Wartezeit begonnen. Seit dem

  1. Mai 2014 sei sie voll arbeitsunfähig in jeglicher Tätigkeit in der freien Wirtschaft.

    1. af. Die Sozialen Dienste wandten am 2. Mai 2016 (IV-act. 291) ein, die Rente sei ab der Gesuchstellung vom 10. Dezember 2007 auszurichten. Beigelegt wurde ein Arztbericht von Dr. med. P. , Facharzt für Allgemeinmedizin, vom 17. Juli 2014 (IV- act. 291-9), wonach die Versicherte seit dem 6. September 2011 (bis auf weiteres) arbeitsunfähig sei. Dr. med. Q. , Allgemeine Medizin FMH, hatte der Versicherten am

30. März 2005 (IV-act. 291-7) eine Arbeitsunfähigkeit seit 1. März 2004 bescheinigt. Einem Arztzeugnis von Dr. B. vom 3. Februar 2009 (IV-act. 291-6) war zu entnehmen, dass die Versicherte vom 1. Januar 2002 bis 30. Juni 2009 arbeitsunfähig geschrieben worden war.

A.ag. Mit Verfügung vom 17. November 2016 (IV-act. 297 bis 299, 301-3 ff.) sprach die Sozialversicherungsanstalt/IV-Stelle des Kantons St. Gallen der Versicherten wie angekündigt ab 1. Mai 2014 eine ganze Rente (samt Kinderrenten für zwei Kinder, Verfügungsteile IV-act. 298 f.) zu. Gemäss dem ABI-Gutachten vom Juli 2013 habe in einer leidensadaptierten Tätigkeit eine Arbeitsfähigkeit von 70 % bestanden. Eine relevante Verschlechterung habe sich erst ab 6. Mai 2014 ergeben. Eine frühere relevante Einschränkung sei aufgrund der vorhandenen Unterlagen nicht glaubhaft.

B.

Gegen diese Verfügung richtet sich die von den Sozialen Diensten St. Gallen, Elian Mattes, MLaw, für die Betroffene am 5. Januar 2017 erhobene Beschwerde. Die Rechtsvertreterin der Beschwerdeführerin beantragt, die angefochtene Verfügung sei insofern abzuändern, als der Beschwerdeführerin eine volle (wohl: ganze) Invalidenrente ab Gesuchstellung vom 10. Dezember 2007 zuzusprechen sei. Bezüglich der Zusprache der Rente ab 1. Mai 2014 sei die Teilrechtskraft zu erklären, zumal unbestritten sei, dass ihr mindestens ab jenem Zeitpunkt eine ganze Rente zustehe. Ausserdem sei der Beschwerdeführerin die unentgeltliche Rechtspflege zu gewähren. Die Beschwerdegegnerin versuche seit Jahren, das Gesuch der Beschwerdeführerin abzuweisen, zunächst formell und nun materiell. Die Schlussfolgerungen der ABI-Gutachter stünden in klarem Widerspruch zu den vorherigen ärztlichen Beurteilungen und seien sehr in Frage zu stellen. Der

Gesundheitszustand der Beschwerdeführerin und die Feststellungen anderer Ärzte und der Beschwerdeinstanz seien verkannt worden, etwa mit der Äusserung, ein qualifizierter Entzug sei auch früher jederzeit zumutbar gewesen, oder, die Beschwerdeführerin sei früher durchaus auch erwerbstätig gewesen. Dass die Persönlichkeitsstörung gemäss ABI überhaupt keinen Einfluss auf die Arbeitsfähigkeit habe (nicht einmal im Sinn einer Einschränkung), sei befremdlich und widerspreche sämtlichen früheren ärztlichen Beurteilungen. Selbst der RAD habe am 11. April 2008 eine Auswirkung auf die Arbeitsfähigkeit angenommen. Habe die Beschwerdegegnerin Abstinenznachweise einverlangt, sei sie offenbar davon ausgegangen, dass die Substanzabhängigkeitsstörung Auswirkungen auf die Arbeitsfähigkeit haben könnte. Der erforderliche Zusammenhang zwischen Persönlichkeitsstörung und Substanzabhängigkeitsproblematik sei gegeben. Die Beschwerdeführerin sei in den letzten Jahren schon aufgrund der Progredienz der Beinprobleme, der chronischen Hepatitis C, der Leberprobleme usw. nicht mehr arbeitsfähig gewesen, so dass eine psychiatrisch bedingte Arbeitsunfähigkeit nicht mehr bescheinigt worden sei. Die Beschwerdeführerin habe zwar bei der ABI-Begutachtung angegeben, sie fühle sich zu

50 % arbeitsfähig, doch komme da eine gewisse Selbstüberschätzung zum Ausdruck. Ausserdem werde sie von den Ärzten durchgehend als sehr höflich, kooperativ, zurückhaltend und um ein gutes Abschneiden bemüht beschrieben. Schwierige Situationen, etwa starke Schmerzen, versuche sie immer sehr lange auszuhalten, ohne sich zu beschweren. Sie sei auch von ängstlicher Art. Gemäss Arztbericht vom

24. September 2012 habe sie sich damals aber ganz anders geäussert und erklärt, nichts zu machen und ruhig im Rollstuhl zu sitzen, sei betreffend die Schmerzen das Beste. Die diversen Arztkonsultationen und Spitalaufenthalte zeigten unverkennbar, dass der allgemeine Gesundheitszustand der Beschwerdeführerin schon seit längerer Zeit aufgrund der Hepatitis äusserst schlecht gewesen sei. Wie sie ganztags eine körperlich leichte Tätigkeit sollte ausüben können, sei in keiner Weise vorstellbar. Die Beschwerdegegnerin gehe in Anlehnung an das ABI-Gutachten davon aus, dass die Beschwerdeführerin aufgrund der Aufmerksamkeits- und Konzentrationsstörung neuropsychologisch nur zu 30 % arbeitsunfähig sei. Bei den Untersuchungen der Klinik H. seien die Beeinträchtigungen so schwer gewesen, dass eine deutliche Einschränkung der Arbeitsfähigkeit damit zu begründen gewesen wäre. Selbst wenn sie unter Abstinenzbedingungen potenziell partiell reversibel wären, erstaune doch, dass sie drei Jahre später bei progredienter Erkrankung nur eine Einschränkung von

30 % bewirken sollten. Es liege bei der Beschwerdeführerin neben der langjährigen Drogensucht eine ebenso langjährige psychische Störung vor, die mindestens seit der Gesuchstellung eine Erwerbsunfähigkeit bzw. Invalidität von 100 % begründe.

Daneben bestünden somatische Beschwerden mit progredientem Verlauf, die sich

schon vor dem 6. Mai 2014 je länger je mehr auf die Arbeitsfähigkeit ausgewirkt hätten.

C.

In ihrer Beschwerdeantwort vom 20. Februar 2017 beantragt die Beschwerdegegnerin die Abweisung der Beschwerde. Die Beschwerdeführerin habe darüber informiert, dass sie an einem ärztlich überwachten Ersatzdrogenprogramm teilnehme und drogenfreie Urinproben abgeliefert habe. Die vom Gericht als nicht zulässig erachtete Auflage habe sie in Bezug auf die Drogen also erfüllt. Das ABI-Gutachten entspreche den Anforderungen; es könne darauf abgestellt werden. Der Gutachter der Psychiatrie habe die selbe Diagnose gestellt wie Dr. C. und das Psychiatrie-Zentrum E. . Einzig der von der Klinik H. festgestellten Diagnose eines amnestischen Syndroms könne danach nicht gefolgt werden, weil die Beschwerdeführerin nicht an den dafür vorausgesetzten Zeitgitterstörungen leide und die lebensgeschichtlichen Ereignisse in der zeitlichen Abfolge richtig und mit Daten angegeben habe. Die neuropsychologische ABI-Untersuchung habe den Ergebnissen der Begutachtung in der Klinik H. entsprochen. Zu den Einwänden habe der RAD-Arzt bereits am 10. April 2014 dezidiert

und ausführlich Stellung genommen. Bis zum Juli 2013 (Zeitpunkt des Gutachtens) könne von einer Arbeitsfähigkeit der Beschwerdeführerin von 70 % ausgegangen werden. Was die vorübergehende Arbeitsunfähigkeit betreffe, könne auf Ziff. 6.3 des ABI-Gutachtens hingewiesen werden. Eine Verschlechterung des Zustands sei erst ab Mai 2014 ausgewiesen.

D.

Am 21. Februar 2017 ist dem Gesuch um Bewilligung der unentgeltlichen Rechtspflege

(Befreiung von den Gerichtskosten) entsprochen worden.

E.

Mit Replik vom 22. März 2017 bringt die Rechtsvertreterin der Beschwerdeführerin vor, die Darstellung, die Beschwerdeführerin habe die vom Gericht als nicht zulässig erachtete Auflage in Bezug auf die Drogen erfüllt, erwecke fälschlicherweise den Anschein, die Auflage sei zumutbar gewesen und ohne weiteres erfüllt worden. Ausserdem sei die Beschwerdeführerin trotz ihres grossen Wunsches und Willens zur Abstinenz rückfällig geworden (Konsum im Mai, Juni und Juli 2012). Damit sei die Auffassung von Dr. B. vom 14. Juni 2010 bestätigt worden, wonach unter Zwangsmassnahmen jeder Mensch einen Entzug machen könne, und wonach aber zu bezweifeln sei, ob die Beschwerdeführerin unter ambulanten, freiwilligen Bedingungen einen Entzug durchhalten werde. Die aus dem ABI-Gutachten resultierenden Schlussfolgerungen seien weder schlüssig noch plausibel; sie würden in Frage gestellt. Der ABI-Gutachter begründe die trotz Substanzabhängigkeit angenommene uneingeschränkte Arbeitsfähigkeit damit, dass der Beschwerdeführerin auch früher jederzeit ein qualifizierter Entzug zumutbar gewesen wäre. Das klinge eher nach einer Behauptung als einer plausiblen Schlussfolgerung. Entgegen vorgängigen ärztlichen Beurteilungen gelange der Gutachter auch zum Ergebnis, dass sie nicht unter deutlichen Konzentrationsstörungen leide und nicht suizidal sei. Dass die Arbeitsfähigkeit auch durch die Persönlichkeitsstörung nicht eingeschränkt sei, begründe der Gutachter damit, dass die Beschwerdeführerin früher durchaus erwerbstätig gewesen sei. Seit Januar 1999 sei sie das jedoch unbestrittenermassen nicht mehr gewesen. Die zeitlich nicht bestimmte Annahme des Gutachters überzeuge nicht. Die gescheiterten Arbeitsversuche bis zur Geburt des ersten Kindes 19 änderten daran nichts. Entgegen den Ausführungen der ABI-Gutachter sei die Beschwerdeführerin schon vor 2005 vom Sozialamt unterstützt worden. Ausserdem sei sie immer wieder in ambulanter und stationärer fachärztlich psychiatrisch- psychotherapeutischer Behandlung gewesen.

F.

Die Beschwerdegegnerin hat am 19. April 2017 an ihrem Antrag festgehalten und auf die Erstattung einer Duplik verzichtet.

Erwägungen

1.

    1. Im Streit liegt die Verfügung vom 17. November 2016, mit welcher die Beschwerdegegnerin der Beschwerdeführerin ab 1. Mai 2014 eine ganze Invalidenrente zugesprochen hat. Die Beschwerdeführerin beantragt eine weiter zurückreichende Rentenzusprache.

    2. Die Beschwerdegegnerin hatte das Gesuch der Beschwerdeführerin vom

      13. November/10. Dezember 2007 zu beurteilen. Denn mit der Verfügung vom

      13. Oktober 2010 hatte sie zwar gestützt auf Art. 43 Abs. 3 ATSG das IV-Verfahren, das sie nach dieser Anmeldung bis dahin geführt hatte, als Sanktion für eine (angenommene) Verweigerung der Mitwirkung im Rahmen der Sachverhaltsabklärung (unerfüllte Obliegenheit zur Drogenabstinenz mit Nachweisen zur Ermöglichung der weiteren Sachverhaltsabklärung) durch die Beschwerdeführerin eingestellt bzw. abgebrochen (vgl. IV 2010/443 E. 1.3). Diese Sanktionsverfügung ist jedoch mit dem Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons St. Gallen vom 22. Oktober 2012 (IV 2010/443) aufgehoben worden. Bei der Eingabe der Beschwerdeführerin vom

      27./29. Dezember 2011 handelte es sich damit nicht um eine Neuanmeldung. Die Beschwerdegegnerin hatte das Verwaltungsverfahren zur Behandlung des Gesuchs vom Dezember 2007 weiterzuführen (vgl. a.a.O., E. 4.2).

    3. Demnach war mit der angefochtenen Verfügung ein Sachverhalt zu beurteilen, der

      in eine Zeit vor Inkrafttreten der 5. IV-Revision am 1. Januar 2008 zurückreicht. Die

      5. IV-Revision enthielt keine die Rente betreffende übergangsrechtliche Bestimmung. Das Bundesamt für Sozialversicherungen hat aber diesbezüglich zu Recht eine ausfüllungsbedürftige Lücke unterstellt (vgl. das Rundschreiben Nr. 253 vom

      12. Dezember 2007). Vorliegend richtet sich der allfällige Rentenbeginn nach altem Recht (d.h. nach den bis zum 31. Dezember 2007 gültig gewesenen diesbezüglichen Bestimmungen; vgl. namentlich aArt. 29 Abs. 1 IVG und aArt. 48 Abs. 2 IVG, vgl. unten E. 2.2 und 2.3).

    4. Berufliche Massnahmen hatte die Beschwerdegegnerin gemäss Mitteilung vom

18. April 2012 als wegen des Gesundheitszustands nicht möglich erachtet und die Beschwerdeführerin auf die zu prüfenden Voraussetzungen eines Rentenanspruchs hingewiesen.

2.

    1. Nach Art. 28 Abs. 1 IVG in der vom 1. Januar 2004 bis 31. Dezember 2007 gültig gewesenen - und nach Abs. 2 in der seither in Kraft stehenden - Fassung besteht der Anspruch auf eine ganze Invalidenrente, wenn die versicherte Person mindestens zu 70 %, derjenige auf eine Dreiviertelsrente, wenn sie mindestens zu 60 % invalid ist. Bei einem Invaliditätsgrad von mindestens 50 % besteht Anspruch auf eine halbe Rente und bei einem Invaliditätsgrad von mindestens 40 % Anspruch auf eine Viertelsrente.

    2. Der Rentenanspruch nach Art. 28 entsteht gemäss Art. 29 Abs. 1 IVG in der Fassung bis 31. Dezember 2007 frühestens in dem Zeitpunkt, in dem der Versicherte mindestens zu 40 % bleibend erwerbsunfähig (Art. 7 ATSG) geworden ist (lit. a) während eines Jahres ohne wesentlichen Unterbruch durchschnittlich mindestens zu 40 % arbeitsunfähig (Art. 6 ATSG) gewesen war (lit. b). Nach Art. 28 Abs. 1 IVG in der seither geltenden Fassung haben Anspruch auf eine Rente Versicherte, die ihre Erwerbsfähigkeit nicht durch zumutbare Eingliederungsmassnahmen wieder herstellen, erhalten verbessern können (lit. a), während eines Jahres ohne wesentlichen Unterbruch durchschnittlich mindestens 40 % arbeitsunfähig (Art. 6 ATSG) gewesen sind (lit. b) und nach Ablauf dieses Jahres zu mindestens 40 % invalid (Art. 8 ATSG) sind (lit. c).

    3. Meldet sich ein Versicherter mehr als zwölf Monate nach Entstehen des Anspruchs

      an, so werden die Leistungen gemäss Art. 48 Abs. 2 IVG in der hier relevanten, bis

      31. Dezember 2007 in Kraft gewesenen Fassung in Abweichung von Art. 24 Abs. 1 ATSG (abgesehen von der hier nicht anzunehmenden Ausnahme in Satz 2) lediglich für die zwölf der Anmeldung vorangehenden Monate ausgerichtet (ab 1. Januar 2008 dagegen gemäss Art. 29 Abs. 1 IVG nach Ablauf von sechs Monaten nach Geltendmachung des Anspruchs nach Art. 29 Abs. 1 ATSG).

    4. Nach Art. 8 Abs. 1 ATSG gilt als Invalidität die voraussichtlich bleibende längere Zeit dauernde ganze teilweise Erwerbsunfähigkeit. Diese wird gemäss Art. 7 Abs. 1 ATSG verstanden als der durch die Beeinträchtigung der körperlichen, geistigen psychischen Gesundheit verursachte und nach zumutbarer Behandlung Eingliederung verbleibende ganze teilweise Verlust der Erwerbsmöglichkeiten auf dem in Betracht kommenden ausgeglichenen Arbeitsmarkt.

      Gemäss dem ab 1. Januar 2008 eingefügten Art. 7 Abs. 2 ATSG sind für die Beurteilung des Vorliegens einer Erwerbsunfähigkeit ausschliesslich die Folgen der gesundheitlichen Beeinträchtigung zu berücksichtigen. Eine Erwerbsunfähigkeit liegt zudem nur vor, wenn sie aus objektiver Sicht nicht überwindbar ist.

    5. Nach der jüngeren bundesgerichtlichen Rechtsprechung (BGE 143 V 418 E. 7.1 f.) sind grundsätzlich (bei Ausnahmen nach dem jeweiligen Beweisbedarf) sämtliche psychischen Erkrankungen einem strukturierten Beweisverfahren nach BGE 141 V 281 zu unterziehen. Für die Beurteilung des funktionellen Leistungsvermögens sind gemäss jenem Entscheid (BGE 141 V 281; vom 3. Juni 2015, also nach den vorliegend relevanten Gutachten von 2010 und 2013 entwickelt) in der Regel diverse Standardindikatoren beachtlich, die in zwei Kategorien systematisiert werden, nämlich einerseits in der Kategorie des funktionellen Schweregrads und anderseits in jener der Konsistenz. - Früher waren gemäss BGE 130 V 352 (vom 12. März 2004) für pathogenetisch-ätiologisch unklare syndromale Beschwerdebilder ohne nachweisbare organische Grundlage - nicht aber für eine schwerwiegende (selbständige) depressive Symptomatik (vgl. Bundesgerichtsurteil vom 24. Juni 2014, 8C_278/2014 E. 5.2) - die sogenannten Foerster'schen Kriterien zur Prüfung der Unzumutbarkeit einer willentlichen Schmerzüberwindung zu beachten gewesen. - Vor BGE 141 V 281 erstattete medizinische Gutachten verlieren ihren Beweiswert aber nicht per se. Vielmehr ist in jedem einzelnen Fall zu prüfen, ob die Sachverständigengutachten, gegebenenfalls im Kontext mit weiteren fachärztlichen Berichten, eine schlüssige Beurteilung im Licht der massgeblichen Indikatoren erlauben nicht (vgl.

BGE 141 V 281 E. 8; vgl. Bundesgerichtsentscheid vom 18. Mai 2017, 8C_842/2016).

2.6.

      1. Drogensucht als solche begründet (wie Alkoholismus) noch keine Invalidität im Sinn des Gesetzes. Denn die Diagnose einer Drogensucht -abhängigkeit lässt nicht schon darauf schliessen, dass der versicherten Person eine Drogenabstinenz nicht mehr möglich wäre; ebenso wenig ist Drogenabhängigkeit notwendigerweise mit Arbeits- Erwerbsunfähigkeit verbunden (vgl. AHI 2002 S. 28 ff., Urteil des Eidgenössischen Versicherungsgerichts [nunmehr Bundesgerichts] I 454/99 vom

        22. Juni 2001; SVR 2001 IV Nr. 3 S. 7 E. 4b; vgl. auch BGE 145 V 215 E. 6.1). Hat die

        Sucht allerdings eine Krankheit einen Unfall bewirkt, in deren Folge ein körperlicher geistiger Gesundheitsschaden eingetreten ist, aber ist sie selber Folge eines körperlichen geistigen Gesundheitsschadens, welchem Krankheitswert zukommt, so wird eine solche Sucht im Rahmen der

        Invalidenversicherung bedeutsam (vgl. Bundesgerichtsurteil vom 12. Dezember 2017, 8C_663/2017 E. 3.3, BGE 99 V 28 E. 2; AHI 2002 S. 28; vgl. im Einzelnen auch unten

        E. 2.6.2). Das bedeutet nicht, dass die Auswirkungen einer Drogensucht, die ihrerseits auf einen Gesundheitsschaden zurückgeht, per se invaliditätsbegründend wären (vgl. Bundesgerichtsurteil vom 10. April 2018, 9C_620/2017 E. 2.2.1). Nach der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichts (BGE 145 V 215) ist nun - gleich wie bei allen anderen psychischen Erkrankungen (dazu oben E. 2.5) - nach dem strukturierten Beweisverfahren zu ermitteln, ob und gegebenenfalls inwieweit sich ein fachärztlich diagnostiziertes Abhängigkeitssyndrom im Einzelfall auf die Arbeitsfähigkeit der versicherten Person auswirkt (BGE 145 V 215 E. 7). Die Arbeits- bzw. Erwerbsunfähigkeit hat stets das Resultat der - einem objektiven Massstab folgenden - Beurteilung zu sein, ob die versicherte Person trotz des ärztlich diagnostizierten Leidens zumutbarerweise einer angepassten Arbeit ganz teilweise nachgehen kann (vgl. a.a.O. E. 5.3.2).

      2. Nach der älteren Rechtsprechung des Bundesgerichts waren Suchtfolgen IV- rechtlich relevant, soweit sie in einem engen Zusammenhang (vgl. dazu die Bundesgerichtsurteile vom 10. April 2018, 9C_620/2017 E. 2.2.2, und vom 8. Oktober 2015, 8C_582/2015 E. 2.2.2) mit einem eigenständigen Gesundheitsschaden stehen. Besteht zwischen Sucht und krankheitswertigem psychischem Gesundheitsschaden ein Kausalzusammenhang, waren für die Frage der noch zumutbaren Erwerbstätigkeit die psychischen und die suchtbedingten Beeinträchtigungen gesamthaft zu berücksichtigen (vgl. Bundesgerichtsurteile vom 22. November 2013, 9C_370/2013

E. 4.2.1, vom 9. Januar 2015, 9C_618/2014 E. 5.2, und vom 8. August 2006, I 169/06

E. 2.2) und es war auf den insgesamt - d.h. unter Mitberücksichtigung der Folgen der Suchtmittelabhängigkeit - bestehenden Arbeits- bzw. Erwerbsunfähigkeitsgrad abzustellen.

3.

    1. Unter dem Aspekt der vorhandenen Diagnosen zeigt sich vorliegend zunächst,

      dass die Abteilung Psychosomatik am Kantonsspital St. Gallen in einem Bericht vom

      24. August 2006 (IV-act. 20-4 f.) bei der Beschwerdeführerin unter anderem fachärztlich eine emotional instabile Persönlichkeitsstörung mit depressiver und ängstlicher Symptomatik und eine Polytoxikomanie festgestellt hat. - Die Abteilung Infektiologie/ Spitalhygiene gab am 22. und 23. Juli 2008 (IV-act. 30) als Diagnosen die erwähnte Persönlichkeitsstörung mit zudem Klaustrophobie und sozial phobischen Zügen an. Die Angststörung sei als Primärleiden zu betrachten. - Gutachterlich psychiatrisch wurden durch die Klinik H. im Gutachten vom 7. April 2010 ein Verdacht auf ein

      amnestisches Syndrom und eine emotional instabile Persönlichkeitsstörung vom Borderline-Typ, eine Störung durch multiplen Substanzgebrauch und ein Abhängigkeitssyndrom festgestellt. Es wurde dort im Weiteren festgehalten, es seien gemäss einem Test-Fragebogen die Kriterien für mehrere Persönlichkeitsstörungen erfüllt, sodass von einer multiplen Persönlichkeitsstörung, besonders ausgeprägt von der schizotypischen, der selbstunsicheren und der Borderline-Störung, auszugehen sei (IV-act. 86-25). Die Diagnose (der Persönlichkeitsstörung) werde durch emotionale Instabilität und Ängstlichkeit sowie wiederholte Suizidalität (und [damals] einmaligen Suizidversuch ca. 2005; IV-act. 86-16) untermauert (IV-act. 86-29). - Die Psychiatrische Klinik G. diagnostizierte am 22. September 2011 ebenfalls fachärztlich (nebst einer schweren depressiven Episode mit psychotischen Symptomen und dem V.a. eine rezidivierende depressive Störung) Störungen durch multiplen Substanzgebrauch und Konsum anderer psychotroper Substanzen (Abhängigkeitssyndrom). - Im ABI- Gutachten vom 3. Juli 2013 schliesslich wurden nebst Angabe der Diagnose einer leichten bis mittelschweren neuropsychologischen Störung die Diagnosen einer emotional instabilen Persönlichkeitsstörung vom Borderline-Typ und einer Störung durch multiplen Substanzkonsum bestätigt (vgl. IV-act. 229-35 f.). Persönlichkeitsstörung und Substanzabhängigkeitsproblematik seien eigenständige Störungen, die sich gegenseitig beeinflussten (vgl. IV-act. 229-23).

    2. Sowohl Persönlichkeitsstörung wie Abhängigkeitsleiden (bzw. Polytoxikomanie bzw. Störung durch Substanzgebrauch) sind demnach aufgrund fachärztlicher Feststellungen (über den Zeitablauf hinweg bis zur ABI-Begutachtung) diagnostisch ausgewiesen. - Wie dem Gutachten der Klinik H. vom April 2010 zu entnehmen ist, liegt die Persönlichkeitsstörung der Beschwerdeführerin seit Jugend, das Abhängigkeitssyndrom seit dem 14. Altersjahr vor.

4.

    1. Im Hinblick auf die Standardindikatoren ist zunächst darauf hinzuweisen, dass es sich bei Abhängigkeitssyndromen, wie das Bundesgericht in seiner neuesten Rechtsprechung festhält, aus medizinischer Sicht klar um ein krankheitswertiges Geschehen handelt, dessen funktionelle Auswirkungen sich mit einem hypothetischen Substanzentzug nicht ohne Weiteres zurückbilden. Im Übrigen werden auch die Zumutbarkeit und Sinnhaftigkeit eines solchen Entzugs gerade bei langjährigen Verläufen nicht in jedem Fall bejaht (vgl. BGE 145 V 215 E. 5.2.1).

    2. Bei der Beschwerdeführerin sind nach der Aktenlage ein sehr langjähriger, bei

      Erlass der angefochtenen Verfügung bereits 34 Jahre zurückreichender Verlauf der

      gesundheitlichen Beeinträchtigung und erwerbliche und soziale Folgen ausgewiesen, weshalb die (ältesten) gutachterlichen diagnostischen Feststellungen der Klinik H. aus dem Jahr 2010 samt zeitlicher Einordnung gut nachvollziehbar sind. Aus den Akten geht nämlich hervor, dass die Beschwerdeführerin schon seit 1982 Heroin konsumierte (vgl. IV-act. 8-2) und in ihrer Jugendzeit bereits selbstverletzendes Verhalten und Suizidgedanken auftraten (vgl. IV-act. 86-16). Sie brach das 1984 aufgenommene Haushaltlehrjahr ab bzw. wurde wegen Drogenkonsums entlassen (IV-act. 86-19). Einer Tätigkeit als Hilfsarbeiterin konnte sie ab Mai 1986 aus demselben Grund nicht mehr nachgehen (vgl. IV-act. 86-19). Bereits 1986 erfolgte ein erster stationärer Entzug in einer psychiatrischen Klinik (vgl. IV-act. 8-2), im Januar 1987 ein weiterer Aufenthalt in einer solchen Klinik (IV-act. 86-19). Gemäss IK-Auszug (IV-act. 15) hatte die Beschwerdeführerin von Januar 1987 bis Februar 1988 und zwischen April 1988 und Januar 1991 (mit zweimonatigem Unterbruch) zwei längere Anstellungen (mit unterdurchschnittlichem Verdienst); weitere längerfristige (d.h. überjährige) Erwerbstätigkeiten auf dem freien Arbeitsmarkt gelangen nach der Aktenlage nicht (vgl. unten E. 9.4.7). Ab 1992 war die Beschwerdeführerin gemäss Bericht von 1995 fürsorgeabhängig. Ihre Kinder wurden fremdplatziert. Sie selbst lebt seit Jahren in betreutem Rahmen (IV-act. 229-23; ab 2003, es war zuvor Verwahrlosung festgestellt worden, vgl. IV-act. 86-21; schon 1997 in einer Wohngemeinschaft, IV-act. 34-2).

    3. Aus den Akten wird zu den (Entzugs-) Behandlungen (und der Frage ihrer Zumutbarkeit) im Einzelnen Folgendes ersichtlich:

      1. Nach den oben bereits erwähnten Substanzentzügen von 1986 und 1987 fanden weitere Entzüge vom Abhängigkeitssyndrom und psychiatrische Hospitalisationen statt, so etwa wieder im Juli 1991 (IV-act. 86-20). Während einer Hospitalisation vom

        4. April bis 16. Mai 1995 (diagnostiziert damals schon Hepatits C) fand ein stationärer Entzug von Methadon, Heroin und Kokain statt. Anschliessend trat die Beschwerdeführerin in eine Langzeiteinrichtung über (vgl. IV-act. 34-5 f.), wo eine Therapie von nicht weniger als 19 Monaten Dauer (also von 16. Mai 1995 bis Dezember 1996) erfolgte. Im Dezember 1996 wechselte die Beschwerdeführerin in eine andere Institution (Wohngemeinschaft) und wurde dort (wohl im Juli 1997) rückfällig. Nach einer Hospitalisation vom 26. August 1997 bis 9. September 1997 trat sie wieder in die betreffende Institution (Wohngemeinschaft) über. Nach dem Klinikaustritt vom September 1997 war sie drei Monate lang drogenfrei und konsumierte danach wieder. Ab Februar/März 1999 (IV-act. 34-3) fand erneut ein sechs Wochen langer Drogenentzug in einer Institution statt und am 28. Mai 1999 trat die

        Beschwerdeführerin freiwillig erneut zur körperlichen Entgiftung ins Psychiatrie-

        Zentrum E. ein (IV-act. 34-3). Auch im Jahr 2002 ([daneben noch zweimal in Medizinischer Abteilung]; IV-act. 86-20) und im Jahr 2003 (IV-act. 86-21 [daneben noch in Chirurgischer Abteilung]) war die Beschwerdeführerin in einer psychiatrischen Klinik hospitalisiert. Im August 2002 trat eine Leberdekompensation ein (vgl. IV-act. 86-2). - Wie ausserdem dem Bericht der Abteilung Infektiologie/Spitalhygiene am Kantonsspital St. Gallen vom 1. September 2008 zu entnehmen ist, gelang es der

        Beschwerdeführerin trotz intensiver Unterstützung seit - damals - bald drei Jahren mit methadongestützter Behandlung nie, den Nebenkonsum von Kokain und Cannabis zu sistieren. Das Hauptproblem liege in der psychiatrischen Grunderkrankung. Es wurde festgehalten, die von der Beschwerdegegnerin an die Beschwerdeführerin gestellten Forderungen (eines Abstinenznachweises) seien unsinnig.

      2. Dieser Beurteilung der behandelnden Ärzte folgend hat das Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen bereits im Nichteintretensentscheid vom 13. Mai 2009 betreffend die am 9. Dezember 2008 erlassene Anordnung der Auflage einer sechsmonatigen Drogen- und Alkoholabstinenz im Sinn der Schadenminderungs- und Mitwirkungspflicht als Voraussetzung für eine weitere Abklärung der Arbeitsfähigkeit der Beschwerdeführerin - bei damaliger Aktenlage mit den Berichten der behandelnden Ärzteschaft - angemerkt, weitere Abklärungen (des Gesundheitsschadens) dürften, sofern überhaupt noch notwendig, nicht (wie verlangt) von einer vorgängigen Abstinenz der Beschwerdeführerin abhängig gemacht werden. Es hat unter anderem darauf hingewiesen, dass die Ärzte am Kantonsspital St. Gallen bei der Beschwerdeführerin die Persönlichkeitsstörung ins Zentrum der Problematik gestellt und eine ausgesprochene Ängstlichkeit beobachtet hätten. Dr. C. habe von sozialphobischen Zügen berichtet. Die Beschwerdeführerin reisse sich mit der Pinzette die Haare einzeln aus und habe daher einen fast kahlen Kopf (IV-act. 20-5); sie erscheine in der Regel nicht zu vereinbarten Arztterminen und suche erst unter extremem Leidensdruck bei akuter Problematik einen Arzt auf. Die Abteilung Infektiologie/Spitalhygiene habe darauf hingewiesen, dass Dr. C. von einer psychiatrischen Störung der Beschwerdeführerin in einer Schwere ausgehe, die keine weitere psychiatrische Abklärung nötig mache. Auf psychiatrischer Grundlage sei eine Arbeitsunfähigkeit zu begründen. Bei einer so tiefgreifenden Problematik deute vieles darauf hin, dass ein psychisch-geistiger Gesundheitsschaden mit Krankheitswert vorliege.

      3. Im Gutachten der Klinik H. wurde in der Folge am 7. April 2010 im definierten Rahmen (d.h. wohl unter Beibehalten der Methadonsubstitution) Zumutbarkeit der Abstinenz angenommen (IV-act. 82-34 Ziff. 3 mit IV-act. 82-33). Als für die Prognose günstig wurde betrachtet, dass es der Beschwerdeführerin in der Vergangenheit

        mehrfach gelungen sei, Entzüge erfolgreich zu bewältigen, zuletzt den Alkoholentzug im September 2009 (IV-act. 86-31). Gleichzeitig war jedoch auch bereits im Gutachten der Klinik H. festgehalten worden, die Prognose betreffend die Abhängigkeitserkrankung der Beschwerdeführerin sei wegen der Abhängigkeit seit dem 14. Lebensjahr, fehlender Partnerschaft, fehlender sozialer Integration, Arbeitslosigkeit und Fürsorgeabhängigkeit sehr ungünstig (IV-act. 82-31, vgl. IV-

        act. 82-34). Auch Dr. B. hatte diesbezüglich beträchtliche Vorbehalte gemacht und sich - nach der Erstellung des Gutachtens der Klinik H. - am 14. Juni 2010 auf den Standpunkt gestellt, ein Entzug sei unter Zwangsmassnahme jedermann möglich. Die Beschwerdeführerin benötige aber bei einem ambulanten Entzug sicherlich eine regelmässige psychiatrische Begleitung, sei sie doch kürzlich wegen Suizidalität hospitalisiert gewesen und könnte ein Kokain-Entzug (im Moment Hauptproblem) die Depression erneut verschlimmern. - Das Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen erwog daraufhin am 22. Oktober 2012 (IV 2010/443 E. 3.4), es bleibe dabei, dass das Einfordern eines Abstinenznachweises bereits im Abklärungsverfahren unter dem Titel der Mitwirkungspflicht im Hinblick auf die Prüfung der materiellen Leistungsansprüche und ausserhalb der eigentlichen Schadenminderung nicht gebilligt werden könne

        (a.a.O. E. 3.4). Der Frage, ob die Einhaltung der Auflage der Beschwerdeführerin zumutbar gewesen sei, mass das Gericht (da die Sucht nicht auszugrenzen sei) keine ausschlaggebende Bedeutung zu, hielt aber fest, die Zumutbarkeit der Auflage könnte jedenfalls nur unter gewissen Bedingungen als erfüllt betrachtet werden (a.a.O. E. 3.5).

      4. Aus dem Rückblick zeigt sich nach der gesamten inzwischen vorhandenen Aktenlage, dass die Störung durch multiplen Substanzkonsum der Beschwerdeführerin trotz der während vieler Jahre immer wieder erfolgten Behandlungen - etwa auch eines nach der Begutachtung von 2010 erfolgten Aufenthalts von rund sechs Monaten (von April bis September 2011) in der Psychiatrischen Klinik G. - noch bei der ABI- Begutachtung im Mai 2013 weiterbestand. - Langfristig kann demnach nach der Aktenlage nicht von einem erfolgreichen Entzug ausgegangen werden, ebenso wenig von (dauerhafter) Überwindbarkeit der Abhängigkeitsfolgen.

    4. Zum Aspekt des Schweregrads der psychiatrischen Gesundheitsschädigungen der Beschwerdeführerin ist weiter zu erwähnen, dass Dr. C. , Abteilung Psychosomatik am Kantonsspital St. Gallen, sie wie erwähnt ausdrücklich als schwer bezeichnet hat. Die Abteilung Infektiologie/Spitalhygiene am Kantonsspital St. Gallen gab am

      26. August 2008 indirekt die Stellungnahme jenes Arztes wieder, wonach die Störung offensichtlich sei und die Begründung einer psychiatrisch bedingten Arbeitsunfähigkeit keiner weiteren psychiatrischen Abklärung bedürfe. - Nach gutachterlicher Beurteilung

      durch die Klinik H. von 2010 erfüllte insbesondere das selbstverletzende Verhalten das Kriterium der tiefgreifenden Beeinträchtigung, ebenso das angstbedingte Fliehen aus Arztkonsultationen (IV-act. 86-28). Persönlichkeitsstörungen sind danach per definitionem tiefgreifend und andauernd; die Prognose für eine Heilung sei ungünstig (IV-act. 86-30). - Hierauf kann abgestellt werden.

    5. Unter dem Gesichtspunkt des Zusammenhangs von Persönlichkeitsstörung und Suchtleiden schloss der RAD (versehentlich) aus dem Gutachten der Klinik H. vom

      7. April 2010, dass die Sucht "sicher nicht" sekundär (IV-act. 87-1) sei, weil sie bis ins

      14. Altersjahr zurückgehe, in ein Alter, da es noch nicht möglich sei, eine Persönlichkeitsstörung zu diagnostizieren. Im betreffenden Gutachten war jedoch festgehalten worden, der Suchtmittelkonsum der Beschwerdeführerin sei möglicherweise auf dem Boden der Persönlichkeitsstörung entstanden. Angesichts seines erwähnten frühen Beginns lasse sich der sekundäre Charakter aber nicht "sicher" festlegen (vgl. IV-act. 86-36). - Das ABI stellte später (2013) fest, Persönlichkeitsstörung und Substanzabhängigkeitsproblematik der Beschwerdeführerin seien eigenständige Störungen, die sich gegenseitig beeinflussten (IV-act. 229-23). - Bei diesen Gegebenheiten kann - wenn auch nicht mit Sicherheit, so doch - mit überwiegender Wahrscheinlichkeit von einem engen Zusammenhang des Suchtleidens mit diesem schweren Gesundheitsschaden der ausgeprägten Persönlichkeitsstörung, die gemäss dem Gutachten der Klinik H. bereits seit Jugend besteht (vgl. Diagnose), ausgegangen werden.

    6. Schon im Entscheid IV 2010/443 vom 22. Oktober 2012 (E. 3.3) hat das Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen denn auch entsprechend festgestellt, die medizinische Aktenlage weise insgesamt eine erhebliche Schwere der Beeinträchtigungen der Beschwerdeführerin aus und lasse einen Kausalzusammenhang von Sucht und psychiatrischen Leiden ausreichend [d.h. überwiegend] wahrscheinlich erscheinen. Die Sucht der Beschwerdeführerin könne eine (sc. invalidenversicherungsrechtlich) relevante Arbeitsunfähigkeit mitbegründen und dürfe bei deren Bestimmung nicht ausgegrenzt werden (E. 3.4).

    7. Eine Prüfung der normativen Vorgaben gemäss den Standardindikatoren kann vorliegend insgesamt anhand des Gutachtens der Klinik H. - nachträglich - gerichtlich in genügender Weise erfolgen. Die Krankheits- und Entzugsgeschichte der Beschwerdeführerin ist lang. Es haben wiederholte, teils langwierige Behandlungsversuche stattgefunden. Eine Beeinträchtigung auch des sozialen Kontexts der Beschwerdeführerin ist nach dem Dargelegten eindrücklich dokumentiert. Von der gesundheitlichen Beeinträchtigung ist unter anderem insbesondere die

Persönlichkeit der Beschwerdeführerin (mit-) betroffen, was als wesentliche Erschwernis (Komorbidität) zu betrachten ist. Das Vorliegen von zusammenfallenden invalidenversicherungsrechtlich relevanten psychischen Gesundheitsschädigungen ist nach dem Dargelegten anzunehmen. Es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die Konsistenz des Verhaltens der Beschwerdeführerin zu bezweifeln wäre. Damit bleibt es zusammenfassend dabei, dass die Folgen der Substanzabhängigkeit nach dem Ergebnis der Prüfung der Standardindikatoren mit zu berücksichtigen sind.

5.

    1. Was die Arbeitsfähigkeit der Beschwerdeführerin betrifft, betrachtete der Gutachter der Klinik H. die Beschwerdeführerin anders als die Abteilung für Infektiologie/ Spitalhygiene am Kantonsspital St. Gallen für eine adaptierte Arbeitsstelle als arbeitsfähig (vgl. IV-act. 86-30, vgl. aber unten E. 6.1). Dabei bezog er sich nach der Aktenlage auf die blossen Folgen der Persönlichkeitsproblematik, die er (aufgrund der Schilderungen der Beschwerdeführerin zu ihrer beruflichen Tätigkeit und zu ihrem

      Nicht-Überfordertsein mit der Versorgung der Kinder in der Zeit von 1999 bis 2002 und weil sie bei allen psychiatrischen Hospitalisationen nicht stark aufgefallen sei) als nicht sehr schwer bezeichnete (vgl. IV-act. 86-30). Die Störung durch multiplen Substanzgebrauch (Abhängigkeitssyndrom), welche gemäss jenem Gutachten im Vordergrund der Beeinträchtigung der Arbeitsfähigkeit steht (vgl. IV-act. 86-31), wurde dagegen als Diagnose ohne Auswirkung auf die Arbeitsfähigkeit bezeichnet und die diesem Leiden zugeordneten weitreichenden Beeinträchtigungen wurden ausser Acht gelassen, weil der Gutachter das Abhängigkeitssyndrom als durch eine der Beschwerdeführerin im definierten Rahmen zumutbare Abstinenz bzw. kontrollierte Abgabe (von Methadon) überwindbar betrachtete (vgl. IV-act. 82-31). Es wurde denn auch angeführt, die Sucht interessiere die IV weniger (als die Frage, ob andere psychische Erkrankungen vorlägen, vgl. IV-act. 86-27). Von der gerichtlichen Würdigung vom 22. Oktober 2012 (IV 2010/443) der Zumutbarkeit bei der medizinischen Sachlage hatte die Klinik H. bei der Begutachtung von 2010 zwar noch keine Kenntnis haben können. Dennoch ist bei den vorliegenden Gegebenheiten - wie oben dargelegt - nach der Prüfung der Standardindikatoren zu bestätigen, dass die durch die Sucht verursachte Arbeitsunfähigkeit nicht ausser Acht zu lassen ist.

    2. Es ist davon auszugehen, dass unter Einschluss der Suchtfolgen insgesamt eine volle Arbeitsunfähigkeit vorlag, ist die Beschwerdeführerin dem Arbeitsumfeld doch gemäss dem Gutachten der Klinik H. vom 7. April 2010 in intoxikiertem Zustand nicht zumutbar (vgl. IV-act. 86-34) und waren die bei der dortigen Begutachtung vorgefundenen und umschriebenen gesamten Einschränkungen triftig: Die

      Beschwerdeführerin befand sich danach auf einem tiefen sozialen und beruflichen Funktionsniveau. Die Sucht führte gemäss dem Gutachten zu starken Einschränkungen der Beschwerdeführerin im sozialen Bereich (mit fehlendem Kontakt zu den Kindern und kaum sozialen Kontakten ausserhalb der Wohngemeinschaft; IV-act. 86-33) und Schwierigkeiten, sich an Regeln anzupassen, ihre Kompetenzen adäquat einzusetzen und den Anforderungen der Gesellschaft adäquat nachzukommen (IV-act. 86-31). Die Klinik H. hat weiter festgehalten, der Entzug des Sorgerechts für die Kinder, der Verlust der letzten regulären Anstellung als Kioskverkäuferin, das (damalige) unselbständige Wohnen, die fehlende Berufstätigkeit und die Sozialhilfeabhängigkeit seien durch die Sucht bedingt (vgl. IV-act. 86-29). Es lägen schwere Suchtfolgen vor; die Beschwerdeführerin sei z.B. 2002 zweimal wegen schwerer Folgen der Alkoholabhängigkeit (akuter alkoholischer Hepatitis, sensorischer und motorischer Polyneuropathie) hospitalisiert gewesen (vgl. IV-act. 86-27). Ihr Lebensradius sei sehr eingeschränkt mit kaum sozialen Kontakten ausserhalb der Wohngemeinschaft (vgl. IV- act. 86-27).

    3. Dem Suchtleiden war (und ist, unten E. 9.4.2 f. und 9.4.6) daher jedenfalls eine erhebliche zusätzliche Einschränkung der Arbeitsfähigkeit der Beschwerdeführerin zuzuschreiben, die allerdings auch abgesehen davon schon als kaum mehr verwertbar zu erkennen ist:

6.

    1. Denn schon aufgrund der Persönlichkeitsstörung sind der Beschwerdeführerin gemäss dem Gutachten der Klinik H. zunächst nämlich - wenn auch vollzeitlich - nur Arbeiten zumutbar, die keine hohen Anforderungen an Flexibilität und Umstellungsfähigkeit (keine unerwarteten Wechsel von Aufgaben, Terminen Mitarbeitern) und an die Entscheidungsfähigkeit stellten. Nicht in Frage kommen ausserdem Tätigkeiten mit Kundenkontakt und mit der Notwendigkeit enger Teamarbeit (vgl. IV-act. 86-35).

    2. Des Weiteren war bei der Begutachtung durch die Klinik H. der Verdacht auf ein amnestisches Syndrom geäussert worden. Der vorübergehende massive Alkoholmissbrauch und die frühere Polyneuropathie nach Alkoholkonsum würden diese Diagnose wahrscheinlich erscheinen lassen. Es hatten anlässlich der Untersuchung im Somatostatus gefundene Störungen der Okulomotorik einen Hinweis auf ein amnestisches Syndrom gebildet (vgl. IV-act. 86-30). Ausserdem waren testpsychologische Einschränkungen (vgl. IV-act. 86-33) vorgefunden worden. Der Gutachter schlug, um mögliche Einflüsse mangelnder Motivation und der Sucht

      auszuschliessen, nebst der Veranlassung eines MRI vor, die testpsychologische Untersuchung nach einem Kokainentzug und sechsmonatiger Aufrechterhaltung der Abstinenz (auch bezüglich Heroin, Alkohol und THC) zu wiederholen, um das Mass der irreversiblen Einschränkung zu erheben. Würden sich die kognitiven Defizite bestätigen und sollten sie persistieren, wären die Arbeitsmöglichkeiten zusätzlich eingeschränkt.

      1. Das ABI stellte sich bei der jüngeren Begutachtung in der Folge auf den Standpunkt, das amnestische Syndrom, das die Klinik H. als Verdachtsdiagnose angenommen hatte, lasse sich nicht bestätigen, denn die Beschwerdeführerin leide nicht an den für diese Diagnose vorausgesetzten Zeitgitterstörungen und sie habe bei der Anamnese die lebensgeschichtlichen Ereignisse in der zeitlichen Abfolge richtig und mit Daten angegeben (vgl. IV-act. 229-24). Diese Begründung des ABI-Gutachters der Psychiatrie erscheint angesichts der im Gutachten aufgenommenen anamnestischen Angaben der Beschwerdeführerin nachvollziehbar.

      2. Bei der neuropsychologischen ABI-Untersuchung eine knappe Woche später zeigte sich jedoch bei der Beschwerdeführerin eine leichte bis mittelschwere neuropsychologische Störung. - Diese Störung fand gemäss der gutachterlichen Beurteilung durch das ABI Eingang in die relevanten, die Arbeitsfähigkeit tangierenden Diagnosen (vgl. IV-act. 229-35). Namentlich fielen bei der Beschwerdeführerin Probleme im Bereich der Konzentration bzw. der Merkfähigkeit auf und die Aufmerksamkeit war deutlich beeinträchtigt (IV-act. 229-33).

      3. Das ABI hielt fest, die ehemals bei der neuropsychologischen Untersuchung vom Januar 2010 (Klinik H. ) erhobenen Befunde seien analog zum gegenwärtig (durch das ABI) erhobenen neuropsychologischen Testprofil (IV-act. 229-34). Diese Übereinstimmung der durch das ABI erhobenen neuropsychologischen Befunde mit den älteren Ergebnissen (samt Profil) erscheint als ein gewichtiges Indiz für die Objektivität des Ergebnisses, so dass dem Untersuchungsbefund entsprechende Bedeutung beizumessen ist. Während erneut schlechte Resultate, die im Profil deutlich von der ersten Testung abweichen würden, nach der Beurteilung der Klinik H. eine eingeschränkte Verwertbarkeit der Tests aufgrund der Motivationslage der Beschwerdeführerin bedeutet hätten (IV-act. 86-33), war danach für den Fall, dass bei der Wiederholung der Testung - nach Kokainentzug und sechsmonatiger Abstinenz - ähnlich schlechte Ergebnisse resultierten, von einer deutlichen Einschränkung der Arbeitsfähigkeit (Arbeitstempo) der Beschwerdeführerin auszugehen. - Da Suchtmittelabstinenz wie erwähnt nicht erwartet werden konnte und das neuropsychologische Testprofil bei der ABI-Begutachtung wieder analog zu jenem bei

        der Begutachtung in der Klinik H. ausfiel (ein MRI ist - soweit ersichtlich - nicht erstellt worden), ist davon auszugehen, dass die Voraussetzungen erfüllt sind, unter denen gemäss dem Gutachten dieser Klinik selbst ohne Einbezug der Polytoxikomanie-Folgen (wegen Überwindbarkeit) unter anderem ein deutlich reduziertes Arbeitstempo zu erwarten ist.

      4. Bei den neuropsychologischen Tests im ABI wurde im Übrigen beobachtet, dass die Beschwerdeführerin die Testinstruktionen nicht jedes Mal auf Anhieb verstand. Die örtliche, zeitliche und persönliche Orientierung sei nur bedingt gegeben gewesen (IV- act. 229-33).

      5. Damit zeigt sich, dass sich - wenn auch nicht das ehemals vermutete amnestische Syndrom, so doch - die kognitiven Defizite der Beschwerdeführerin beim ABI bestätigt haben. Deshalb ist auf der Grundlage der gutachterlichen Beurteilung durch die Klinik H. vom 7. April 2010 zu schliessen, dass der Beschwerdeführerin nur klar angeleitete, einfache, klar strukturierte Tätigkeiten mit einem deutlich reduzierten Arbeitstempo möglich sind (IV-act. 86-35 Ziff. 3.3 i.V.m. Ziff. 3.1).

6.3. Diese Umschreibung der verbleibenden Arbeitsmöglichkeiten der Beschwerdeführerin entspricht wie erwähnt - bei Einschluss statt Ausserachtlassen der als Suchtfolgen umschriebenen Einschränkungen der Beschwerdeführerin (oben E. 5.2)

- jedenfalls keiner auf dem Arbeitsmarkt noch verwertbaren Restarbeitsfähigkeit.

7.

Die gutachterlich von der Klinik H. angegebene (qualitative, vgl. IV-act. 86-35) Arbeitsunfähigkeit der Beschwerdeführerin reicht weit zurück, hatte die Persönlichkeitsstörung doch wie erwähnt bereits seit Jugend vorgelegen. Die Suchtmittelabhängigkeit bestand danach bereits seit dem 14. Lebensjahr und das (als Verdachtsdiagnose genannte) amnestische Syndrom (bzw. die nunmehr im Rückblick stattdessen anzunehmende neuropsychologische Störung) ist als wahrscheinliche Folge der Abhängigkeit bezeichnet worden (vgl. IV-act. 86-33). - Dies lässt sich auch anhand der oben dargestellten Krankengeschichte und der Berichte der behandelnden Ärzte bestätigen. Die Abteilung Infektiologie/Spitalhygiene am Kantonsspital St. Gallen, welche die Suchtmittelabhängigkeit - konkret wie erwähnt zu Recht - mitberücksichtigte, attestierte der Beschwerdeführerin am 3. Februar 2009 (IV-

act. 291-6) denn auch seit 1. Januar 2002 eine volle Arbeitsunfähigkeit. Diese Arbeitsunfähigkeit von 100 % galt nach der Beurteilung dieser Abteilung vom 22. und

23. Juli 2008 (IV-act. 30) selbst nach Ausblendung der Suchtanteile. Auch Dr. Q. bescheinigte der Beschwerdeführerin am 30. März 2005 (IV-act. 291-7) eine Arbeitsunfähigkeit seit 1. März 2004. Gemäss einem Arztbericht der Abteilung

Infektiologie/Spitalhygiene am Kantonsspital St. Gallen vom 13. Dezember 2007 lag bei der Beschwerdeführerin seit spätestens November 2005 eine Arbeitsunfähigkeit von 100 % vor (IV-act. 86-2). In den Akten sind auch weitere Arbeitsunfähigkeitsatteste für die Zeit vor der Begutachtung durch die Klinik H. zu finden (vgl. IV-act. 8, 35, 76), ausserdem der Bericht von Dr. C. mit der Feststellung eines so schweren Befundes, dass sich Abklärungen erübrigen würden (IV-act. 20). - Angesichts der gesamten Aktenlage und insbesondere aufgrund der Beurteilung im Gutachten der Klinik H. , bei welcher - wie es erforderlich ist - die Suchtfolgen nicht ausser Acht zu lassen sind, ist zu schliessen, dass die IV-relevanten Beeinträchtigungen der Beschwerdeführerin und die entsprechende volle Arbeitsunfähigkeit bereits seit dem Jugendalter, spätestens seit Januar 2002 bzw. seit März 2004, vorlagen.

7.1.

Die spätere - ebenfalls gutachterliche - Beurteilung des retrospektiven Sachverhalts durch das ABI vom 3. Juli 2013 gelangte zum Schluss, für adaptierte Tätigkeiten habe bei der Beschwerdeführerin in der Zeit bis Ende 2011 stets eine volle Arbeitsfähigkeit bestanden (und ausserdem ab Januar 2012 eine solche von 70 % bei Unterbrüchen mit voller Arbeitsunfähigkeit vom Februar bis August 2012 und vom Januar bis Mai 2013; vgl. unten E. 8.1). - Diese Einschätzung des Sachverhalts bis Ende 2011 erging in Anlehnung an die Beurteilung der Klinik H. , welche jedoch nur unter den bestimmten Annahmen (keine relevanten Suchtfolgen und keine kognitiven Defizite) getroffen worden ist, die nach dem Dargelegten aber nicht zum Tragen kommen. Die entsprechende ABI-Beurteilung betreffend die zurückliegende Zeit vermag demnach nicht zu überzeugen.

7.2. Die Beschwerdegegnerin nahm gemäss der angefochtenen Verfügung denn auch für die zurückliegende Zeit - jedenfalls ab Januar 2010 (Zeitpunkt der Begutachtung in der Klinik H. ) - und nach der Aktenlage gestützt auf das betreffende Begutachtungsergebnis der Klinik an, dass die Beschwerdeführerin "erheblich" in ihrer Arbeitsfähigkeit eingeschränkt war (vgl. IV-act. 292-1), und stellte - demnach zu Recht - diesbezüglich nicht auf das ABI-Gutachten (mit Attest einer vollen Arbeitsfähigkeit bis Dezember 2011) ab.

7.3.

Ein Ausmass der für die Zeit ab Januar 2010 angenommenen Arbeitsunfähigkeit nannte die Beschwerdegegnerin in der angefochtenen Verfügung nicht (vgl. IV-act. 292-1). Indessen zeigt der Umstand, dass sie den Anspruchsbeginn für die ganze Rente (nach der Verschlimmerung des Gesundheitszustands vom 6. Mai 2014) unmittelbar auf den

1. Mai 2014 festlegte, dass sie - zumindest - davon ausging, dass das einjährige Wartejahr (Beginn gemäss Verfügung im Januar 2010) mit ununterbrochener, durchschnittlich mindestens 40-prozentiger Arbeitsunfähigkeit gemäss aArt. 29 Abs. 1 lit. b IVG damals im Mai 2014 bereits erfüllt gewesen war. - Auszugehen ist zusammenfassend bei Berücksichtigung aller gesundheitlichen Beeinträchtigungen von einer vollen Arbeitsunfähigkeit bzw. einer jedenfalls nicht mehr verwertbaren Arbeitsfähigkeit der Beschwerdeführerin seit Jugend, spätestens ab Januar 2002 bzw. ab März 2004.

8.

    1. Was die Zeit nach der Begutachtung durch die Klinik H. vom Januar 2010 betrifft, bestand bei der Beschwerdeführerin gemäss dem retrospektiven ABI- Begutachtungsergebnis vom 3. Juli 2013 nach der erwähnten vollen Arbeitsfähigkeit der Beschwerdeführerin bis Ende 2011 ab Januar 2012 für adaptierte Tätigkeiten eine solche von noch 70 %.

    2. Im Einzelnen wurde vom ABI retrospektiv (zur echtzeitlichen ABI-Beurteilung unten

      E. 9) aus orthopädischer Sicht eine vollständige Arbeitsunfähigkeit für mittelschwere und schwere und im Stehen Gehen zu verrichtende Arbeiten spätestens für die Zeit ab 29. Februar 2012 (erster Knieeingriff) befürwortet. Die Arbeitsfähigkeit für adaptierte Tätigkeiten jedoch sei spätestens drei Monate nach der letzten Knieoperation vom 7. Mai 2012 - also ab anfangs August 2012 - wieder voll eingetreten. Eine erneute Arbeitsunfähigkeitsphase sei für längstens sechs Wochen ab der Tibiafraktur vom 28. Januar 2013 - also bis 18. Februar 2013 - anzunehmen (IV- act. 229-30 und 37). Aus allgemeininternistischer Sicht wurde eine Arbeitsunfähigkeit für die Zeit von der Diagnostizierung der Lungenembolie am 21. Februar 2013 bis Ende Mai 2013 attestiert (IV-act. 229-20 und 37). Die Leistungseinschränkung aus neuropsychologischer Sicht von 30 % lag gemäss der ABI-Beurteilung mit Sicherheit ab der Untersuchung (Mai 2013), wahrscheinlich bereits seit Januar 2012 vor (IV-

      act. 229-37). Unter psychiatrischem Aspekt hielt das ABI fest, eine Arbeitsunfähigkeit (in dieser medizinischen Disziplin) könne im Verlauf nicht bestätigt werden, und es übernahm die Feststellung der Klinik H. von 2009, wonach adaptierte Tätigkeiten mit voller Arbeitsfähigkeit zumutbar seien (IV-act. 229-24, vgl. auch IV-act. 229-38).

    3. Die Anlehnung an die Beurteilung durch die Klinik H. kann nur erfolgen, wenn berücksichtigt wird, dass sich nunmehr die kognitiven Defizite bestätigten und dass die Suchtfolgen einzuschliessen sind.

    4. Dass die retrospektive Arbeitsfähigkeitsbeurteilung im ABI-Gutachten nicht stichhaltig ist, zeigt auch der Umstand, dass ungenügend berücksichtigt wurde, dass die Beschwerdeführerin vor der Begutachtung vom Mai 2013 bereits während gut zwei Jahren, nämlich ab März 2011, immer wieder während längerer Zeit hospitalisiert gewesen war. Ab dem 22. März 2011 war sie zunächst auf der Abteilung Rheumatologie/Rehabilitation am Kantonsspital St. Gallen gewesen, anschliessend war sie am 19. April 2011 von dort in die Psychiatrische Klinik G. verlegt worden, wo sie anschliessend bis zum 16. September 2011, also während immerhin noch etwa fünf Monaten, hospitalisiert geblieben ist. Es hatte gemäss der Psychiatrischen Klinik G. unter anderem eine schwere depressive Episode mit psychotischen Symptomen vorgelegen und es war der V.a. eine rezidivierende depressive Störung geäussert worden. Bei voller Aktenkenntnis spricht noch mehr für diesen Verdacht, als die Klinik ohne diese Erkenntnisquelle beurteilen konnte. Weil die Depression trotz dieser langen Behandlungsdauer bis zur Entlassung nicht abgeklungen war, wurde von den Ärzten erwogen, sie könnte durch die Cortison-Behandlung und durch die somatischen Erkrankungen mitverursacht werden. Somatisch lagen denn auch eine ganze Reihe von Erkrankungen vor (M. Addison, Migräne, Nebennierenrinden-Insuffizienz, Bandausriss), und die Beschwerdeführerin hatte zwischenzeitlich ins Spital J. überwiesen werden müssen. Nur kurze Zeit nach dem Austritt aus der Psychiatrischen Klinik Mitte September 2011 war es nach der Aktenlage zu einer weiteren Verschlechterung der somatischen Situation gekommen. Dr. P. attestierte der Beschwerdeführerin für die Zeit ab 6. September 2011 eine volle Arbeitsunfähigkeit (vgl. IV-act. 291-9; bis 17. Juli 2014, dem Berichtsdatum, und auf weiteres). Dem Bericht über das Begleitete Wohnen vom 3. Februar 2012 nach zu schliessen, hatte am 8. Dezember 2011 ein besorgniserregender Zustand beider Beine der Beschwerdeführerin vorgelegen, der sich bis Februar 2012 weiter verschlechtert hatte. Die Beschwerdeführerin litt nach dem genannten Bericht vom 3. Februar 2012 Tag und Nacht an massiven Schmerzen. Es brauche bei ihr einen riesigen Leidensdruck, bis sie sich melde und Hilfe hole.

Dr. K. hatte gemäss jenem Bericht wegen der enormen Schmerzen und der dadurch ausgelösten Ängste der Beschwerdeführerin die Schmerzmedikation massiv angepasst (vgl. IV-act. 128-2). Der Arzt hatte, wie das Sozialamt am 7. März 2012 meldete, wegen deren heftigen Schmerzen Morphin verordnet (vgl. IV-act. 130). Schliesslich musste die Beschwerdeführerin am 29. Februar 2012 wieder hospitalisiert werden. Nach drei Arthroskopien war sie am 5. April 2012 entlassen worden, musste aber weniger als einen Monat später, am 1. Mai 2012, erneut ins Spital eintreten, wo nochmals operative Massnahmen ergriffen worden sind. Sie blieb bis 21. Juni 2012 auf der Klinik für Orthopädische Chirurgie und wurde dann auf die internistische Klinik überwiesen. Dort war sie bis zum 12. Juli 2012 verblieben (vgl. IV-act. 189-2 ff.). - Von Mitte Juli 2012 bis

zum Februar 2013 konnte zwar eine Phase von etwa sieben Monaten stattfinden, in welcher die Beschwerdeführerin nach der Aktenlage nicht hospitalisiert war. Dr. M. berichtete jedoch am 5. Februar 2013, seit Sommer 2012 habe sich ihr Gesundheitszustand (Fussschmerzen und Hepatitis, Schmerzen, Verschlechterung der Schlafsituation) verschlechtert. Die Beschwerdeführerin leide auch an Halluzinationen. Ausserdem war sie inzwischen wie erwähnt rollstuhlbedürftig geworden. Vom 1. bis

4. Februar 2013 war sie dann wegen der Spiralfraktur der distalen Tibiadiaphyse links

ohne Dislokation und einem Infekt unklaren Ursprungs wieder im Spital. Vom

20. Februar bis 1. März 2013 war eine erneute stationäre Behandlung erfolgt. Es war, wie das Palliativzentrum N. unter anderem angegeben hatte, im Februar 2013 nach der Tibiafraktur eine subsegmentale subakute Lungenembolie im rechten Unterlappen eingetreten. - Als die Beschwerdeführerin durch das ABI begutachtet worden war, war sie somit erst seit etwa zwei Monaten aus dem Palliativzentrum am Spital ausgetreten und hatte nach dem Dargelegten eine Zeit von etwa zwei Jahren hinter sich, in welcher sie wegen der Hospitalisationen des anzunehmenden zwischenzeitlichen schlechten Gesundheitszustands (vgl. Arbeitsunfähigkeitsatteste) ganz weitreichend arbeitsunfähig war.

9.

    1. Für den Zeitraum vom ABI-Gutachtensdatum vom 3. Juli 2013 bis zum 5. Mai 2014 stützt sich die Beschwerdegegnerin bei ihrer angefochtenen Verfügung (im Unterschied zur Retrospektive, vgl. oben E. 7.3 f.) auf das Ergebnis der ABI-Begutachtung vom Mai 2013, hat sie doch in der Verfügung ausgeführt, gemäss dem ABI-Gutachten vom

      15. Juli 2013 werde eine Arbeitsunfähigkeit der Beschwerdeführerin in adaptierter Tätigkeit von 30 % bestätigt (vgl. IV-act. 292-2).

    2. Von Einfluss auf die Arbeitsfähigkeit der Beschwerdeführerin sind nach dem ABI- Gutachten diagnostisch die beidseitigen Fuss- und die Kniebeschwerden rechts sowie die leichte bis mittelschwere neuropsychologische Störung, während unter anderem die Persönlichkeitsstörung, die Störung durch multiplen Substanzkonsum, die Lungenembolie und die Hepatopathie keine Auswirkungen auf die Arbeitsfähigkeit hätten.

    3. Im Unterschied zur Begutachtung durch die Klinik H. erachtete das ABI- Gutachten die Persönlichkeitsstörung der Beschwerdeführerin als die Arbeitsfähigkeit nicht tangierende Beeinträchtigung. Zusätzlich waren danach die Hauptdiagnosen betreffend die unteren Extremitäten aufgetreten.

    4. Bezüglich der psychiatrischen ABI-Begutachtung sind - insbesondere im Hinblick auf die massgeblichen Standardindikatoren - ausserdem folgende Aspekte zu berücksichtigen:

      1. Zum Befund wurde im ABI-Gutachten unter anderem erklärt, die Beschwerdeführerin sei kooperativ gewesen, Stimme, Mimik und Gestik seien normal ausgeprägt, die affektive Modulation sei nicht eingeschränkt gewesen. Die Stimmung sei ausgeglichen gewesen. Hinweise auf manifeste Ängste mit vegetativen Symptomen und Zwänge hätten nicht bestanden. Die Vigilanz sei nicht und der Antrieb sei nicht wesentlich gestört gewesen. Die Aufmerksamkeit, die Auffassung und das Gedächtnis seien nicht beeinträchtigt gewesen. Die Selbstwertregulation sei erhalten gewesen. Die Beschwerdeführerin habe wiederkehrende Verstimmungszustände mit innerer Unruhe angegeben, ebenso ein Verlangen nach Kokain. Anamnestisch habe sie auch selbstverletzende Handlungen mit Zufügen von kleineren Schnittwunden und vor allem auch Suizidversuche angegeben (IV-act. 229-23). - Beurteilend hielt der Gutachter der Psychiatrie (namentlich im Hinblick auf die bis Juni 2015 gängig gewesenen Foerster'schen Kriterien) fest, es bestehe bei der Beschwerdeführerin zwar eine medikamentöse, doch keine fachärztliche psychiatrisch-psychotherapeutische Behandlung. Die therapeutischen Möglichkeiten seien theoretisch nicht ausgeschöpft. Ein verfestigter, therapeutisch nicht mehr beeinflussbarer innerseelischer Verlauf im Sinn einer zwar entlastenden, aber missglückten Konfliktbewältigung sei nicht erwiesen. Es bestehe ein sozialer Rückzug, der aber nicht deutlich schwer in allen Bereichen des Lebens ausgeprägt sei. Mit dem Benzodiazepin, das die Beschwerdeführerin regelmässig in konstanter Dosierung einnehme (wohl Dormicum), leide sie nicht unter Schlafstörungen (IV-act. 229-23 f.).

      2. Zur Feststellung im ABI-Gutachten, es finde keine fachärztliche psychiatrisch- psychotherapeutische Behandlung statt, ist zunächst zu erwähnen, dass das ABI- Gutachten selbst keine solche Behandlung, sondern lediglich ein Weiterführen des Methadonprogramms empfohlen hat (IV-act. 229-38). Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass die Beschwerdeführerin bis zu jenem Nachmittag des ersten ABI- Untersuchungstages nach ihren Angaben 300 mg Seroquel (Mittel gegen Schizophrenie, manische und depressive Episoden bei bipolaren Störungen inkl.

        Rezidivprophylaxe) genommen hatte (IV-act. 299-21). Nebst dem ausserdem

        erwähnten Dormicum (und Novalgin als Reservemedikation) waren unter vielen anderen Medikamenten auch Methadon und Nozinan (ein Mittel gegen Psychosen, Erregungszustände) im Einsatz gewesen (IV-act. 229-18). - Die medikamentöse

        Behandlung der Beschwerdeführerin war nach der Aktenlage erheblich (vgl. auch IV-

        act. 229-68 f., -71 und -81).

      3. Die (weitere) gutachterliche Feststellung des ABI, eine Toleranzentwicklung sei bei der Beschwerdeführerin nicht erwiesen (IV-act. 229-24), ist soweit ersichtlich nicht begründet worden und erscheint nach der Aktenlage, namentlich nach den gegenteiligen Angaben der Klinik H. , schwer nachvollziehbar. Denn drei Monate vor der Begutachtung, im Februar 2013, hatte die Beschwerdeführerin noch eine Dosis von pro Tag 120 mg (12 x 10 mg/ml) Methadon verordnet gehabt (IV-act. 229-71), was

        nach Angaben der Klinik H. ohne Toleranzentwicklung zu schwerer Beeinträchtigung sogar zum Tod führen würde (IV-act. 86-27). Gleichzeitig waren damals 24 mg/ml Haldol (ein Neuroleptikum) verschrieben gewesen (IV-act. 229-71).

      4. Es wurde im ABI-Gutachten ferner davon ausgegangen, in den Akten fänden sich keine Hinweise auf eine längere psychiatrisch begründete Arbeitsunfähigkeit (IV-

        act. 229-25). - Der durch die Klinik H. erhobenen Anamnese ist jedoch wie oben erwähnt immerhin zu entnehmen, dass die Beschwerdeführerin schon 1987 (davor gemäss IV-act. 8-2 auch schon 1986), 1991, 1995, 1997, 1999, 2002 und 2003 (IV- act. 86-4 und 86-19 ff.) in psychiatrischen Kliniken hospitalisiert gewesen war, sich schon als Jugendliche mit Messer und Rasierklinge selbst verletzt - (bei der orthopädischen ABI-Begutachtung 2013 wurden im Übrigen an oberen und unteren Extremitäten zahlreiche Narben gefunden, IV-act. 229-26) - und Suizidgedanken gehabt und ca. 2005 einen Suizidversuch unternommen habe (IV-act. 86-16). - Hinweise auf einen depressiven Zustand der Beschwerdeführerin hatte es zudem -

        wenn nicht bei der ABI-Begutachtung, so doch - immer wieder gegeben. Anlässlich der längeren psychiatrischen Hospitalisation vom 19. April 2011 bis 16. September 2011 war (bei diagnostizierter schwerer depressiver Episode mit psychotischen Symptomen, mit Halluzinationen und Mutismus, und V.a. eine rezidivierende depressive Störung, IV- act. 126-1) von einer "Depression" die Rede gewesen, die bis zur Entlassung nicht abgeklungen war (IV-act. 126-4). Dass die Cortisonbehandlung und die somatischen Erkrankungen als Mit-Ursachen in Erwägung gezogen wurden, deutet auf eine beträchtliche Schwere des Leidens hin.

      5. Nach der Beurteilung des ABI bestand bei der Beschwerdeführerin ferner (wie erwähnt weiterhin) eine Substanzabhängigkeitsproblematik und es lag eine Persönlichkeitsstörung vor. Beide Störungen sind nach der Beurteilung des ABI eigenständig. Sie beeinflussen einander (IV-act. 229-23).

      6. Die gutachterliche Einschätzung des ABI, dass die Substanzabhängigkeitsstörung der Beschwerdeführerin nicht von Einfluss auf die Arbeitsfähigkeit sei, wird im Gutachten (wie ehemals von der Klinik H. ) zum einen damit begründet, dass es der Beschwerdeführerin auch früher jederzeit habe zugemutet werden können, einen qualifizierten Entzug zu machen (IV-act. 229-23). Dies trifft, wie bereits oben im Zusammenhang mit der Annahme durch die Klinik H. (E. 4.3.3 f.) dargelegt, nicht zu. - Zur weiteren Begründung, dass wegen der Sucht

        keine Arbeitsunfähigkeit bestehe, wurde zum andern dargelegt, die Beschwerdeführerin leide nicht an deutlichen Konzentrationsstörungen (vgl. IV-

        act. 229-23 f.). Bei der neuropsychologischen Untersuchung wurde indessen bei ihr die erwähnte leichte bis mittelschwere neuropsychologische Störung gefunden, die im Gutachten als Hauptdiagnose - mit Einfluss auf die Arbeitsfähigkeit - erfasst wurde (vgl. IV-act. 229-35); namentlich fielen Probleme im Bereich der Konzentration bzw. der Merkfähigkeit auf und die Aufmerksamkeit war deutlich beeinträchtigt (IV-act. 229-33). Bei den neuropsychologischen Tests wurde im ABI auch beobachtet, dass die Beschwerdeführerin die Testinstruktionen nicht jedes Mal auf Anhieb verstand. Die örtliche, zeitliche und persönliche Orientierung sei nur bedingt gegeben gewesen (IV- act. 229-33). - Auch zur Zeit der jüngeren ABI-Begutachtung ist der Einfluss des Suchtleidens auf die Arbeitsfähigkeit somit bei der Beurteilung mit zu berücksichtigen. Wegen des bei der Beschwerdeführerin bestehenden Zusammenhangs mit der Persönlichkeitsstörung und dem Ergebnis der Prüfung der Standardindikatoren dürfen die Folgen weiterhin nicht ausser Acht bleiben.

      7. Dass die Persönlichkeitsstörung ihrerseits die Arbeitsfähigkeit nicht beeinflusse (IV-act. 229-24), wurde vom ABI damit begründet, dass die Beschwerdeführerin früher erwerbstätig gewesen sei. Die Beschwerdeführerin hatte berichtet, nach der Realschule, als sie bereits konsumiert habe, habe sie ein Haushaltslehrjahr abgebrochen. Mit 18 Jahren (1986) habe sie vier Monate in einer Fabrik gearbeitet, dann während eines halben Jahres in zwei Gastronomiebetrieben, 1987/88 in einer Fabrik und von 1988 bis 1991 in der Feinmechanik, 1991/92 ein halbes Jahr als Kioskverkäuferin (vgl. dazu den IK-Auszug und oben E. 4.2). Dann sei die Drogenlangzeittherapie gekommen. Schliesslich habe sie noch in einem Taglohnprojekt gearbeitet. - Die Arbeitsbiographie der Beschwerdeführerin vermag angesichts ihrer Unstetigkeit und der zahlreichen Unterbrüche für Hospitalisationen und Entzüge nicht zu belegen, dass die Persönlichkeitsstörung die Arbeitsfähigkeit nicht beeinträchtige. Wie oben dargelegt, ist im Gutachten der Klinik H. im Gegenteil mit überzeugender

        Begründung eine (qualitative) Auswirkung der Persönlichkeitsstörung auf die

        Arbeitsfähigkeit angenommen worden (vgl. oben E. 6.1).

      8. Wenn der ABI-Gutachter des Weiteren erklärte, zurzeit seien depressive Symptome nicht genügend ausgeprägt, um die zusätzliche Diagnose einer depressiven Störung zu stellen, und die Verstimmungen der Beschwerdeführerin seien eher im Rahmen der Persönlichkeitsstörung zu sehen (IV-act. 229-24), so ist mit Letzterem nicht begründet, dass sie für die Arbeitsfähigkeit nicht relevant sind. Auch wenn sie eher zur Persönlichkeitsstörung gehören, sind die sich ergebenden krankheitsbedingten Beeinträchtigungen zu berücksichtigen.

      9. Im Weiteren wurde im psychiatrischen ABI-Gutachten davon ausgegangen, es bestünden somatische Probleme, doch seien der Beschwerdeführerin unter diesem Aspekt angepasste Tätigkeiten mit voller Leistung zumutbar (IV-act. 229-24), wogegen Vorbehalte zu machen sind (vgl. dazu unten E. 9.5.2).

      10. Das ABI stellte bei der Beschwerdeführerin einen sozialen Rückzug fest, allerdings keinen deutlich schweren, in allen Bereichen des Lebens ausgeprägten.

      11. Der leichten bis mittelschweren neuropsychologischen Störung als solche wurde vom ABI schliesslich für sich allein eine Beeinträchtigung der Arbeitsfähigkeit von 30 % beigemessen. - In Anbetracht der in E. 9.4.2 ff. genannten Gründe vermögen die psychiatrische und die neuropsychologische Arbeitsfähigkeitsschätzung des ABI- Gutachtens allerdings nicht zu überzeugen.

    1. Bezüglich der orthopädischen Begutachtung ist Folgendes zu berücksichtigen:

      1. Der Gutachter der Orthopädie hielt fest, die Kooperation der Beschwerdeführerin sei ausgezeichnet gewesen. Die von ihr beklagten Beschwerden seien durch die klinischen, radiologischen und intraoperativen Befunde vollumfänglich begründet (IV- act. 229-29). Radiologisch lagen links eine massive und rechts eine mittelgradige OSG- Arthrose und multiple Osteonekrosen am linken Rück- und Mittelfuss vor. Am rechten Kniegelenk fand sich eine Lateralisierung bei deutlichem Tiefstand der Patella. Über die Knorpelsituation sei letztmals anlässlich der Arthroskopie vom 9. März 2012 berichtet worden, sie habe sich medial im Verlauf deutlich verschlechtert, wobei im lateralen Kompartiment eine deutliche Ausdünnung und Ausfransung dokumentiert worden sei. Letztere seien auch an den Menisken beschrieben worden. Angesichts des klinisch objektiv ansonsten weitgehend blanden Befundes werde auf die Anfertigung neuer Bilddokumente verzichtet (IV-act. 229-30). - Der Gutachter schloss, aus rein

        orthopädischer Sicht liege in einer körperlich leichten, ausschliesslich im Sitzen auszuübenden Tätigkeit eine zeitlich und leistungsmässig uneingeschränkte Arbeitsfähigkeit vor (IV-act. 229-29). Im Vergleich zum gegenwärtigen Alltagsleben der Beschwerdeführerin sollte es bei einer solchen angepassten Tätigkeit kaum zu einer wesentlichen Schmerzprovokation kommen, so dass sie zumutbar sei.

      2. Dass orthopädisch betrachtet im Ergebnis eine uneingeschränkte Arbeitsfähigkeit in adaptierter Tätigkeit vorliegen soll, ist nach den gesamten orthopädischen Befunden und der somatisch als objektiviert zu betrachtenden Beschwerden (vgl. Feststellung im psychiatrischen Teil, IV-act. 229-23) nicht ausreichend nachvollziehbar begründet. Namentlich war die Beschwerdeführerin auf einen Rollstuhl angewiesen (vgl. IV-act. 223), was für die Erfüllung eines vollen Erwerbspensums zumindest als Erschwernis erscheint. Die Beschwerdeführerin hatte dem Gutachter der Orthopädie erklärt, ausschliesslich an linksbetonten Fussbeschwerden im Bereich der Innenknöchel zu leiden. Seitens des rechten Kniegelenks gehe es gut. Die gesamte Symptomatik trete nur bei Belastung auf. Auf wiederholte Infiltration des linken Sprunggelenks habe sie gut angesprochen. Sie hatte aber gleichzeitig bekanntgegeben, sie könne nur kurze Strecken gehen und bewege sich ansonsten im Rollstuhl. In monatlichen Abständen erfolgten orthopädische Konsultationen am Kantonsspital St. Gallen (IV-act. 229-28 f.). Es deutet einiges darauf hin, dass die Beschwerdeführerin bei ihren Angaben bei der ABI-Begutachtung ihre Leistungsfähigkeit überschätzt hat. Sie erwähnte bei der psychiatrischen Begutachtung etwa in einem Zug: "Es gehe gut. Sie habe Knochennekrose in den Füssen und könne deshalb praktisch nicht mehr gehen seit einem halben Jahr" (IV-act. 229-20). Des Weiteren hielt sie dafür, sie vermöchte eine Leistung von 50 % zu erbringen (IV-

act. 229-23). Sie gab aber an, bis vor eineinhalb Jahren habe sie noch in der Heimwerkstatt gearbeitet und sei dort während etwa sieben Monaten zu 50 % mit Einpacken, Couverts und anderen Kleinigkeiten beschäftigt gewesen. Das sei dann nicht mehr gegangen; sie könne praktisch nicht mehr gehen und nicht mehr stehen. Deshalb sei sie dann in einem Atelier (einer Stiftung) beschäftigt worden (IV-

act. 229-22). Sie arbeite dort einmal pro Woche an einem Nachmittag in der Abteilung

als Hilfsarbeiterin (vgl. allgemeininternistische Feststellungen zur Anamnese, IV- act. 229-17). Sie denke, dass sie eventuell dort mehr arbeiten könnte, zu 50 % sicherlich, vielleicht auch mehr (vgl. IV-act. 229-22, psychiatrischer Teil). Am liebsten wäre ihr eine Arbeit mit Kindern, was wohl wegen der gesundheitlichen Beeinträchtigungen nicht möglich sei. Es sei schon lange her, dass sie sich mit dem Messer Särge und Kreuze in den Unterarm geritzt habe. Sie habe damals nicht mehr

leben wollen und verschiedene Suizidversuche unternommen. Sie brauche keinen Psychiater; sie könne gut mit dem Hausarzt und der Bezugsperson reden (IV-

act. 229-22). Bei der orthopädischen Begutachtung gab sie an, sie könne sich keine berufliche Zukunft vorstellen; sie könne die gegenwärtige ein- bis zweimal wöchentliche halbtägige Verrichtung gut durchführen, auch gegen ein vollzeitliches Pensum würden keine medizinischen Gründe sprechen (IV-act. 229-26). - Aufgrund ihrer Erwerbsbiographie und der schon lange zurückliegenden Betätigung in der freien Wirtschaft ist nach dem Dargelegten mit überwiegender Wahrscheinlichkeit anzunehmen, dass die Beschwerdeführerin sich entsprechende Anforderungen dieses Arbeitsmarktes zum Zeitpunkt der ABI-Begutachtung nicht ausreichend realistisch vorzustellen vermochte. Zu bedenken ist, dass sie seit Jahren in geschütztem Rahmen lebt und ihr eine Betreuerin hilft (IV-act. 229-23). Insofern die Beurteilungen der ABI- Gutachter auch die (zu) positive eigene Leistungseinschätzung der Beschwerdeführerin in die Beurteilung sollten einfliessen gelassen haben, ist somit ein Vorbehalt angebracht.

    1. Im Übrigen können verschiedene Beeinträchtigungen nicht je einer einzelnen Disziplin zugeordnet werden mit der Folge, dass sie am Ende ausser Betracht fallen. Vielmehr ist eine Beurteilung unter Berücksichtigung aller verschiedenen Leiden zusammen erforderlich. Das Zusammenfallen verschiedener Leiden kann insgesamt auch zu einer höheren Arbeitsunfähigkeit führen als es einer blossen Addition der einzelnen Arbeitsfähigkeitsschätzungen entspricht.

    2. Angesichts dieser Gründe überzeugt bei der gesamten Aktenlage die Arbeitsfähigkeitsschätzung des ABI-Gutachtens einer (abgesehen von vorübergehenden kurzen orthopädisch und allgemeininternistisch begründeten Phasen) lediglich um 30 % reduzierten Arbeitsfähigkeit der Beschwerdeführerin nicht. Darauf kann bei der Beweiswürdigung nicht abgestellt werden. - Anhaltspunkte für eine Verbesserung des Gesundheitszustands im Vergleich zum Zeitpunkt der Begutachtung durch die Klinik H. lassen sich dem ABI-Gutachten soweit ersichtlich nicht entnehmen. Unter Einschluss der Folgen der Störung durch multiplen Substanzkonsum ist daher auch für die Zeit der Begutachtung durch das ABI weiterhin unverändert von einer vollen Arbeitsunfähigkeit der Beschwerdeführerin (vgl. auch Attest Dr. P. ) bezüglich eines Arbeitsplatzes des ausgeglichenen Arbeitsmarkts auszugehen.

10.

Was schliesslich die Zeit nach der ABI-Begutachtung vom Mai 2013 betrifft, ist darauf

hinzuweisen, dass Dr. M. im September 2013 angab, die Beschwerdeführerin

bedürfe eines Rollators (vgl. IV-act. 234). Allerdings erwähnte der Arzt (nicht eine abnehmende, sondern) eine zunehmende Gehbehinderung der Beschwerdeführerin. Sie selbst erklärte im Januar 2014, Dr. M. habe bei ihr im Herbst 2013 eine Streifung festgestellt. Hierfür lag kein Arztbericht vor, wie der RAD erwähnte. Ein Arztbericht wurde in der Folge am 7. August 2014 (IV-act. 258) erstattet. Danach hat sich der Gesundheitszustand der Beschwerdeführerin im letzten Jahr deutlich verschlechtert und ist im Mai 2014 ein septischer Schock eingetreten. Es folgten eine intensivmedizinische Behandlung und weitere Hospitalisationen. Dr. P. attestierte der Beschwerdeführerin Mitte Juli 2014 wie erwähnt auch noch bis auf weiteres Arbeitsunfähigkeit. Gemäss einem Austrittsbericht des Spitals J. vom 2. September 2014 bestand bei der Beschwerdeführerin damals ein "rollstuhlpflichtiges" Schmerzsyndrom. Im September 2014 wurde von einer Erhöhung der Methadonsubstitution berichtet. Nach der Beurteilung von Dr. O. vom 13. Mai 2015 war auch damals eine produktive Arbeitsleistung weiterhin ausgeschlossen. - Bis zum Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Verfügung vom 17. November 2016 ist keine Veränderung des Gesundheitszustands mehr bekannt geworden. - Die Beschwerdegegnerin hat in der angefochtenen Verfügung - nach diesen Berichten zu schliessen zu Recht - dargelegt, seit dem Eintritt des septischen Schocks am 6. Mai 2014 sei die Beschwerdeführerin für alle Tätigkeiten in der freien Wirtschaft zu 100 % arbeitsunfähig.

11.

    1. Aus der dargelegten Aktenlage - insbesondere auf der Grundlage der gutachterlichen sachverhaltlichen Feststellungen der Klinik H. in Verbindung mit denjenigen des ABI sowie aufgrund der Arbeitsunfähigkeitsatteste der behandelnden Ärzte - ergibt sich insgesamt zusammenfassend mit überwiegender Wahrscheinlichkeit, dass bei der Beschwerdeführerin infolge der verschiedenen Gesundheitsschäden einschliesslich der Sucht seit Jugend keine relevante Arbeitsfähigkeit bestand und besteht, welche sie auf einem - selbst als ausgeglichen fingierten - freien Arbeitsmarkt hätte verwerten können.

    2. Mit ihrer Anmeldung vom Dezember 2007 wahrte sie ihre - bei bestandener einjähriger Wartezeit schon davor entstandenen - Rentenansprüche (bei einem Invaliditätsgrad von 100 %) ab Dezember 2006 (vgl. oben E. 2.3). Ab diesem Monat steht ihr demnach ein Anspruch auf eine ganze Rente zu.

12.

    1. Im Sinn der vorstehenden Erwägungen ist die Beschwerde unter Aufhebung der angefochtenen Verfügung vom 17. November 2016 gutzuheissen und der Beschwerdeführerin ist ab 1. Dezember 2006 eine ganze Rente zuzusprechen. Zur Festsetzung des Rentenbetrages ist die Sache an die Beschwerdegegnerin zurückzuweisen.

    2. Angesichts des Obsiegens der Beschwerdeführerin rechtfertigt es sich, der Beschwerdegegnerin die Gerichtskosten, die nach dem Verfahrensaufwand und unabhängig vom Streitwert festgelegt werden (Art. 69 Abs. 1bis IVG), gesamthaft aufzuerlegen (vgl. Art. 95 Abs. 1 VRP/SG). Eine Entscheidgebühr von Fr. 600.-- erscheint angemessen. Die Bewilligung der unentgeltlichen Rechtspflege vom

      21. Februar 2017 braucht demnach nicht in Anspruch genommen zu werden.

    3. Eine Parteientschädigung ist der Beschwerdeführerin, welche sich durch das Sozialamt vertreten liess, nicht zuzusprechen (vgl. Entscheide des Versicherungsgerichts des Kantons St. Gallen vom 18. November 2011, IV 2009/341, und vom 22. Oktober 2012, IV 2010/443).

Entscheid

im Zirkulationsverfahren gemäss Art. 39 VRP

1.

Die Beschwerde wird unter Aufhebung der angefochtenen Verfügung vom

17. November 2016 im Sinn der Erwägungen gutgeheissen und der Beschwerdeführerin wird ab 1. Dezember 2006 eine ganze Rente zugesprochen.

2.

Die Sache wird zur Festsetzung des Rentenbetrages an die Beschwerdegegnerin zurückgewiesen.

3.

Die Beschwerdegegnerin hat eine Gerichtsgebühr von Fr. 600.-- zu bezahlen.

4.

Eine Parteientschädigung wird nicht zugesprochen.

Quelle: https://www.sg.ch/recht/gerichte/rechtsprechung.html
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